Unnötig kompliziert

Sonntag, 22. Januar 2012

Ent-täuschung

Kleines Mädchen mit Gasmaske


Ich bin studierte Mathematikerin, und ich habe einen perfektionistischen Einschlag.
Das hat im täglichen Leben vor allem die Auswirkung, daß mir ständig schmerzhaft bewußt ist, daß ich zuwenig Fakten kenne, um die Schlußfolgerungen zu ziehen, die ich brauche, um irgendeine qualifizierte Entscheidung treffen zu können. Weil mir klar ist, daß meine Argumentationskette siebzehn Lücken hat, an denen ich Fakten oder logische Schlüsse durch Vermutungen ersetzen mußte.
Das führt abwechselnd dazu, daß ich versuche, zu vermeiden, Stellung zu beziehen und passiv in der Gegend rumhänge, oder, daß mir auch beim Stellung beziehen jegliche Sicherheit und Überzeugung fehlt, weil mir die potentielle Fehlbarkeit jeder meiner Überzeugungen so klar ist.
Und weil ich mich schon so oft geirrt habe, wie alle anderen Leute auch.

Das ist kein persönlicher Minderwertigkeitskomplex: Ich sehe diesen Makel bei den Argumentationen der anderen genauso. Sei es die eigene oder die Gegenseite, seien es Kommunalpolitiker mit Stammtischparolen oder von Professoren geschriebene Sachbücher, mir kräuseln sich alle paar Sätze die Fußnägel wegen der schwachen Argumentationen.
Und ich bin dann wütend und irgendwie auch neidisch, weil alle diese Leute sich anmaßen, überzeugt und kraftvoll für irgendwas einzutreten.

Dabei ist mir natürlich völlig klar, daß Nichtstun auch eine Form des Handelns und Entscheidens ist, und daß die Welt auch nicht besser würde, wenn wir alle zuhause blieben und gar nichts machen würden.
Deshalb mach ich gelegentlich die Tür zu dem Raum mit den äußerst berechtigten Zweifeln zu und folge meiner Intuition, oder erlaube mir, jemand anderem zu vertrauen und mich seiner Sache anzuschließen, oder folge einer Kette von absolut nicht hieb- und stichfesten Indizien"beweisen".
Insbesondere, wenn ich glaube, daß der Schaden für die Welt in dem Fall, daß ich mich irre, nicht allzu hoch ist, und in dem Fall, daß ich irrtümlich nichts tue, höher.

Warum ich das alles schreibe:
Von allen Themen, für die ich mich bis jetzt vorsichtig engagiert habe, ist dieser blöde Stuttgarter Bahnhof wahrscheinlich das global irrelevanteste.
Aber durch eine Kette von Zufällen (darunter ein wirklich guter, sogar meinen Ansprüchen teilweise genügender Vortrag und die Tatsache, daß ich die Schlichtung komplett sehen konnte, die zwar keine Schlichtung war, wohl aber ein halbwegs vertiefter Austausch der Argumente, der mir die Möglichkeit gab, zu erahnen, welche die besseren sind) ist es auch eines der Themen, wo ich mir meiner Position am sichersten bin.
Und wo ich mir die Tatsache, daß es anders läuft als ich es gerne hätte, nicht damit erklären kann, daß ich es halt vielleicht doch nicht alles kapiert habe und die anderen irgendwie recht haben.
Nein, wirklich. Haben sie nicht. Diesmal nicht, und ich bin mir sicher. So sicher, wie ich mir eben sein kann.

Dabei wird mir bewußt, daß das ein total naiver Trostgedanke war, den ich bisher aufrechterhalten konnte: "Ich weiß nicht genug und vielleicht hat die jeweilige Katastrophe, gegen die ich gerade erfolglos demonstriere, ja doch ihre Richtigkeit, und ich seh's nur nicht."

Und jetzt werden sicherheitshalber schonmal diese Bäume gefällt und der Südflügel abgerissen werden.
Während noch nichtmal das Planfeststellungsverfahren für alle Bauarbeiten durch ist.
Während es für bestimmte Teile der Tunnelarbeiten keine Firmen gibt, die sie durchführen können, weil die Technik dazu noch nicht geboren ist.
Während schon jetzt, bei dem einzigen Krümel, den sie gebaut haben, nämlich dem Grundwassermanagement, rauskommt, daß es unterdimensioniert ist und sie viel mehr abpumpen müssen als statisch durchgerechnet.
Und ich kann mir wirklich nicht sagen, daß es einen Sinn hat. Sondern es besteht für mich, wiklich, kein Zweifel, daß es ausschließlich darum geht, Fakten zu schaffen.

Das Projekt ist jetzt, in der Planungsphase, schon haarscharf an der finanziellen Obergrenze, die sowohl die Bahn für das Projekt gesetzt hat (aber die können als Unternehmen ihr Geld ja in den Sand setzen, wie sie wollen, das zahlt dann halt der Kunde), als auch derjenigen, bei deren Überschreitung die Landesregierung laut Koalitionsvertrag ihre Finanzierung verweigern müßte.
Und jeder, der mal auch nur einen Wintergarten gebaut hat, weiß, was bei Bauprojekten aus den Kostenrechnungen der Planungsphase wird.
Also müßte sich das Projekt, oder zumindest die Mitfinanzierung durch das Land, in wenigen Monaten erledigt haben.
Aber mit jeder weiteren Zerstörung, des Parks, des Südflügels, wird der Rückweg teurer und unrealistischer, und die Landesregierung möchte ich sehen, die den Stuttgartern sagt: Viel Spaß mit dem Krater, wir sind raus.

Wahrscheinlich ist das alles gar nichts Besonderes. Wahrscheinlich passiert das alles bei Hunderten von Großprojekten jedes Jahr, und es ist einfach nur eine Art Zufall, daß diesmal soviel darum gestritten wird und daß ich es dann auch noch so genau verfolgt habe.

Aber ich hab hieran wirklich eine Illusion verloren, von der ich überhaupt nicht wußte, daß ich sie hatte, nämlich die, daß es doch zumindest eine klitzekleine Chance gibt, daß alles halbwegs in Ordnung ist und ich mich irre. Die ganze Zeit irre.
Daß die Mehrheiten, die da wählen und kaufen und entscheiden, doch irgendwas verstanden haben, was ich nicht verstanden habe. Ich kann das logisch immer noch nicht ausschließen, aber ich kann es nicht mehr glauben, nichtmal das klitzekleine Bißchen, das mir tröstender Ausweg war.

Langfristig sollte das meine Entschlossenheit verstärken, und ich geh davon aus, daß es das auch tun wird.
Aber im Moment schaffe ich es nicht mal, nach Stuttgart zu fahren. Im Moment möchte ich nur heuled zuhause sitzen. Oder mit einem Baseballschläger rausgehen und alles kaputthauen. Und ich habe Träume, in denen ich ganz laut schreie und keiner reagiert.
Diese seltsame, wahrscheinlich niemanden außer mir überraschende Erkenntnis, daß vermutlich WIRKLICH soviel Scheiße passiert, wie ich immer dachte, muß ich erstmal verdauen, mich darin zurechtschütteln und mir überlegen, wie ich damit am besten weitermache.

Donnerstag, 12. Januar 2012

Ui.

Das ging schneller als gedacht.
Der MannTM hat gestern tatsächlich gekündigt.
Und jetzt hüpfen alle um ihn rum, sein unerträglicher Chef zuerst, und bieten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe unnütze Privilegien an.
Nachdem er gerade wortreich erläutert hat, daß er gehen will, weil es unter den (von seinem Chef geschaffenen) Umständen unmöglich ist, seine Arbeit zu machen, die er für wichtig hält und gerne gemacht hätte, fällt diesem Idioten doch echt nur ein, ihm anzubieten, er dürfe gern öfter mal krankfeiern oder einen Kaffee trinken gehen (wie alle andern), man drücke da gern ein Auge zu, und die (brave, eh schon überlastete Lieblings-)kollegin würde das schon abfangen.
Und ob Geld das Problem sei?
...

Der Chef ist gar nicht bösartig. Der kommt nur einfach nicht auf die Idee, daß jemand (auch) deshalb zur Arbeit kommt, um zu arbeiten. Und auch in einem langen Gespräch mit meinem (meiner Erfahrung nach ungemein eloquenten) Mann war ihm das Konzept nicht zu vermitteln.

Zumindest aber scheint dem Chef klar zu sein, daß seine Abteilung nicht mehr funktionieren würde, wenn der MannTM kündigt, auch weil er in nächster Zeit keinen Ersatz bekommt. Und das gefährde seine eigene Karriere, wie er mehrfach in kindlich-beleidigten Ton angebracht haben muss.

Also seh ich schon wieder das Flackern der Hoffnung in den Augen meines Liebsten, dem man gesagt hat, er solle es sich doch bittebitte nochmal überlegen, und man könne bestimmt was machen, und der jetzt Pläne entwirft, wie man alles so umgestalten könnte, daß es ansatzweise funktioniert, und hofft, diese mit der Macht der Erpressung, die er jetzt innehat, umzusetzen.

Also ich denke, das geht nochmal in die nächste Runde.

Und nachdem er dort jetzt fast sechs Jahre als Leiharbeiter knapp über HartzIV-Niveau gearbeitet und erst vor wenigen Monaten endlich die gutbezahlte, unbefristete Festanstellung erjagt hat, würd ich es ihm ja auch wünschen.
Aber das, worauf er bei der Festanstellung gehofft hatte, nämlich daß der Aufstieg in der Rangordnung es ihm ermöglicht, wenigstens seine kleine Ecke der Veranstaltung zum Funktionieren zu bringen, ist eben nicht eingetreten.
Mal sehen, ob er jetzt mit diesem längeren Hebel was erreicht.

Freitag, 6. Januar 2012

Updates

1) Inzwischen habe ich mich mal mit dem netten Polizistenehepaar von nebenan unterhalten, wegen der verwirrten alten Nachbarin.
An ihrer Geschichte ist mehr dran, als ich dachte, immerhin ist die Polizei tatsächlich schon mehrfach bei ihr gewesen, auch Türen aufbrechend und Schlösser tauschend, aber eben weil sie ständig ihre Schlüssel verliert oder nicht aufkriegt und Schlüssel darin abbricht in ihrer Verzweiflung. Und dann ruft sie die Feuerwehr an, und die haben in dem Fall wohl die Polizei mit Werkzeug vorbeigeschickt.

Die Nachbarn haben bereits irgendeinen Betreungsdienst informiert, der aber im Moment noch an irgendeiner Bürokratie hängt. Und sie sind absolut not amused, sondern ziemlich genervt, weil sie bei ihnen wohl fast täglich/nächtlich klingelt und die Herausgabe ihrer gestohlenen Schlüssel fordert, und eben in der ganzen Nachbarschaft verkündet, die Nachbarstöchter hätten mit einer als Polizisten verkleideten Gangsterbande ihr Haus auf den Kopf gestellt...

Fazit: Wahrscheinlich am besten freundlich raushalten. Die Dinge gehen schon ohne meine Mitwirkung den Bach runter ihren Gang.

2) Ich war schon zweimal dort einkaufen, seitdem. Es geht irgendwie.
Der Supermarkt ist groß, aber übersichtlich genug, daß ich den jungen Mitarbeiter (oder seine Abwesenheit) sofort sehe und mich entsprechend durchs Gelände bewegen kann. Ich kenne das ja aus Filmen und Computerspielen. Widerstehe aber heldenhaft der Versuchung, hinter Regalen rumzurobben oder größere freie Flächen mit einer unauffälligen Flugrolle flink zu durchmessen, sondern versuche würdevoll zu gehen und mich zu verhalten wie ein erwachsener Mensch.
Und in ein paar Wochen werde ich das Gespräch dann halb vergessen haben, und dann gehe ich, wenn ich ihm begegne, zu der Technik völliger Überraschung über, wenn er davon spricht. Oder so.

3) Die Fleischpasteten, das erste meiner kleinen Urlaubsprojekte, haben gut geklappt.
Ich finde sie ausreichend dekorativ, um hier damit angeben zu wollen, und sie haben genau so geschmeckt, wie ich mich von denen meiner Oma erinnere.

Drei tolle Fleischpasteten

Nur das mit dem "Eingießen von Aspik" war schwierig. Genauer gesagt, das Drinbleiben von Aspik. Will sagen, meine Pasteten wurden von einer großen Menge Aspik ...durchquert, das dann eine große Pfütze unter den weiterhin etwas trockenen und Hohlräume enthaltenden Pasteten gebildet hat. Aber das war nicht so schlimm. Ich übe das bei Gelegeneheit nochmal.

Mittwoch, 4. Januar 2012

Werkstattgrübeleien

Im Moment habe ich ja Urlaub,
Das heißt, meine Werkstatt ist offiziell geschlossen, und zwar habe ich mir eine richtig lange Pause gegönnt, drei Wochen. Erstens hatte ich 2011 sonst nie länger als zwei Tage zu, und zweitens ist das gefühlte Gemaule der Kunden nicht proportional zur Dauer meiner Abwesenheit, sondern eher konstant; länger "lohnt" sich also.

Der Mann hat aber nur wenige Tage freigekriegt, und den Rest der Zeit war ich durchaus viel in der Werkstatt: Es gibt irrsinnig viel zu machen, was seit Monaten liegenbleibt, und irgendwann ist auch mal ein bißchen Inventur und Umordnung dran.

Jedenfalls fällt mir auf, wie gerne ich meine Arbeit mag.
Das ist nicht wirklich überraschend; schließlich hab ich nach dem Diplom alle die tollen Karrierewege, die meine Kommilitonen gegangen sind und in denen sie jetzt durchaus entspannt und zufrieden das drei- bis vierfache verdienen, entschieden verschmäht und stattdessen diese winzige Werkstatt übernommen, eben weil das eine Tätigkeit ist, die ich aktiv gerne mache, viele Stunden am Tag, im Gegensatz zu zB Versicherungsmathematik...

Außerdem habe ich die finanzielle Sicherheit (und die Rente...) eingetauscht gegen Selbstbestimmung und freie Einteilung meines Arbeitstages, die Möglichkeit, meine Arbeitsbedingungen genau so zu gestalten, wie ich sie will, und niemandem verantwortlich zu sein als mir selber und der Qualität meiner Arbeit.

Schade, daß das nicht klappt.

Der Teil, der deutlich besser funktioniert als ich dachte, ist der organisatorische. Davor hatte ich etwas Angst: Material zu bestellen, die paar Maschinen zu warten, die Steuer, die Bürokratie, die Betriebswirtschaft... das habe ich alles in der Ausbildung nicht gelernt, aber es hat sich problemlos meistern lassen.

Was mich fertigmacht, ist die Existenz von Kunden.

Und dazu muß man sagen, daß meine Kunden im Gegensatz zu dem, was man so im Einzelhandel zu sehen kriegt, eine extreme Positivauswahl darstellen; es handelt sich überwiegend um höfliche, freundliche und überdurchschnittlich gebildete Menschen, die darüberhinaus entzückt von mir oder meiner Arbeit sind und mich mit Geschenken, Lob und Trinkgeld überhäufen. Echt jetzt.

Das macht es aber (zumindest mir) noch viel schwerer, sie zu enttäuschen, als mir das eh schon bei allen Menschen fällt.
Und ihnen also sagen zu müssen, daß etwas länger geht oder teurer wird, als sie gedacht haben. Oder gar nicht geht. Oder ich es nicht machen will. Oder dieses Material sich für mich nicht zu bestellen lohnt.
Oder auch, mich nicht mit vollem Perfektionismus in jeden 3-Euro-Auftrag zu stürzen. Auch wenn das ein bißchen besser geworden ist, seit ich genauer merke, was sie begeistert und was nicht und mich danach richten kann.

Und im Ergebnis bin ich dann ständig nur gehetzt, schlecht bezahlt, mache Sachen, die ich nicht mag oder nicht besonders gut kann, und fange an, meine Arbeit und meine Kunden zu verfluchen, aber im Endeffekt gibt es genau eine Person, die das ganze Theater gebaut hat und es also auch wieder abbauen kann...

Und weil ich jetzt, in diesen zwei Wochen, in denen ich niemanden reinlassen muß und niemand mir was sagen kann, mal wieder gemerkt habe, wie schön meine Arbeit eigentlich ist, nehm ich mir ganz, ganz fest vor, für dieses "Geschäftsjahr" und alle folgenden:
In MEINEM Laden passiert das, was ICH will. Und wem das nicht paßt, der kann gehen. Und wer trotzdem nicht geht (mangels Alternative in der Region... hehe...), dessen enttäuschtes Gesicht bei meinen Antworten oder theatralisches Aufseufzen beim Bezahlen werde ich einfach AUSHALTEN müssen, so wie es jeder Automechaniker und jeder Klempner aushält.
Dann könnte das Ganze, für das ich, wie gesagt, als Selbständige durchaus einen Preis bezahle in Geld, Zeit und Sicherheit, vielleicht tatsächlich diese wunderbare Situation und Arbeit sein, um die mich so viele Leute so wortreich beneiden.

Und wenn ich auf die Weise auch mein Einkommen in eine Höhe bringen kann, die mein persönliches Existenzminimum überschreitet, dann hilft das vielleicht dem Mann auch, sich durchzuringen, im Sommer endlich seinen widerlichen Job zu kündigen und sich von einem plattgewalzten ausgewrungenen Handtuch wieder in den Mann zu verwandeln, den ich mir damals ausgesucht hatte.
Aber das, liebe Kinder, ist eine andere Geschichte.

Samstag, 31. Dezember 2011

Mitte März - oder: Lerne zu denken, bevor du redest

Ich hab zwei Tage Abstand gebraucht, aber jetzt kann ich das aufschreiben, ohne ununterbrochen mit dem Kopf gegen die Wand schlagen zu wollen.
Ein Schwank aus meinem Leben, vorgestern:

Ich ärgere mich öfter drüber, daß ich lieber selber einen großen Aufwand in Kauf nehme oder auch lüge oder mich sonstwie verbiege, um irgendwelchen Leuten (oft: Kunden) die Erkenntnis zu ersparen, daß sie sich irren oder absurden Vorstellungen hingegeben haben. Aber diesmal hab ich dem Ganzen irgendwie die Krone aufgesetzt.

Im Moment bin ich ja im Urlaub, also keine Kunden, dafür war ich selber ausgiebig Einkaufen für eine Pastete nach einem Rezept meiner Großmutter, das ich ausprobieren will.
Einer der Fachverkäufer im Supermarkt unseres Vertrauens hat irgendwie besonders engagiert mit mir Konversation gemacht, offensichtlich sehr fröhlich und freundlich, aber ohne, daß ich anfangs viel verstanden habe, weil ich in Gedanken bei der Pastete war und er ziemlich badisch sprach. Weil er aber offensichtlich nett sein wollte, hab ich gelächelt und genickt, und irgendwas Zustimmendes gemurmelt. Irgendwann beim dritten oder vierten Satz wurde mir klar, daß wir uns weder übers Wetter, noch über mein Kochprojekt (mit dessen Rezept ich rumgewedelt habe), sondern offensichtlich über meine Schwangerschaft unterhalten.
WTF?

Na gut, das kann passieren; ich bin (wie schon mehrfach erwähnt) nicht schlank und hatte den kompletten Inhalt einer Damenhandtasche stolz in den Bauchtaschen meines dicken Pullovers. Ich habe mit dieser Assoziation eigentlich kein großes Problem. Und hätte also einfach fröhlich lachen und das Mißverständnis aufklären können.
Aber was macht mein krankes Unterbewußtsein?
Es stellte sich spontan vor, wie dramatisch es für diesen jungen, gestylten, also offensichtlich mainstream-Schönheits- und Service-Idealen anhängenden Fachverkäufer sein muß, eine Kundin für "so fett daß schwanger" gehalten und ihr das ins Gesicht gesagt zu haben, daß mir offensichtlich spontan nichts besseres einfiel, als ihn vor dieser Schmach zu bewahren, indem ich auf seine Frage, wann es denn soweit sei, Februar? nichts zu antworten wußte als "Nein, etwas später..." - wohl um unterbewußt irgendwie Zeit zu gewinnen. Dann fiel mir aber auch noch ein, daß man das als werdende Mutter ja unglaublich aufregend finden und allen Leuten damit auf die Nerven gehen muß und ich fügte konkretisierend und strahlend hinzu: "Mitte März."
Das alles in Sekundenbruchteilen.

Während mein Verstand dann inzwischen auch schon angekommen war und schreiend an seinen Gitterstäben rüttelte, hat mir der freundliche junge Mann alles Gute gewünscht und ich habe ihm gedankt und bin geflohen.
Und frage mich jetzt, wo ich die nächsten drei Jahre einkaufe. Das ist eine Kleinstadt.

Wie bescheuert kann man eigentlich sein?

Dienstag, 13. Dezember 2011

Alle Jahre wieder...

... nehme ich mir vor, dieses Jahr NICHT in den letzten Tagen vor Weihnachten bis abends um zehn in der Werkstatt zu stehen und unter wachsenden (vor allem psychischem) Druck irgendwie zu versuchen, noch alles fertig zu bekommen.

Dieses Jahr habe ich im Oktober angefangen, keine Neukunden mehr anzunehmen, bzw. annehmen zu wollen, aber ich kann einfach zu schlecht Nein sagen. Im Moment halte ich zwei Iterationen durch, also
"Hallo ich bräuchte..."
"Sorry, das wird dieses Jahr nichts mehr" "
"Aber ..."
"Es tut mir leid, es geht wirklich nicht"
"Aber ..."
"Na gut."

Was mich daran am meisten ärgert, ist die Inkonsequenz und Weicheiigkeit, und die Ungerechtigkeit, die daraus entsteht, daß dann die nervigen Quälgeister gewinnen und die Rücksichtsvolleren sich abwimmeln lassen.. Und daß ichs dieses Jahr wieder nicht schaffe, anders als total platt und mit einem schlechten Gewissen wegen all der nicht geschafften Sachen im neuen Jahr anzukommen.

Andererseits muß man sagen, daß ich ja auch das erste Nein und die erste Iteration überhaupt erst seit kurzem hinkriege, also könnte ich im Lauf des nächsten Jahres noch eine oder zwei dazu üben.

Dann schaffen es wirklich nur die richtig insitenten Armleuchter.
Hm.
Toll.
Vielleicht krieg ich es ja auch hin, mir tatsächlich das Recht zuzugestehen, in meinem verdammten Laden zu entscheiden, was passiert und mich nicht nur von jedem dahergelaufenen Kunden vor sich her treiben zu lassen? Insbesondere, wo ich soviel zu tun habe, daß ich auf keinen einzelnen Auftrag angewiesen bin, im Gegenteil?
Und dann könnte ich auch noch sinnvoll Geld dafür nehmen. Aber eins nach dem andern.

Es muß gehn, andere tun es doch auch.

Mittwoch, 7. Dezember 2011

And now to something completely different...

Sorry, daß es hier im Moment so dünn ist.
Die Kombination aus vorweihnachtlichem Chaos und persönlicher Winterträgheit führt dazu, daß ich im Moment überhaupt nichts gebacken kriege.

Ich überbrücke mit einem kleinen Statusupdate-Sammelsurium:

1) Ich erhole mich langsam von dem unerfreulichen Volksabstimmungsergebnis. Für mich beendet das ein knappes Jahr, in dem ich mich irrtümlich in einer gewissen Art von Mainstream wohlgefühlt habe, das bisher einzige Mal, an das ich mich erinnern kann. (Naja, vielleicht seit den Friedensbewegungszeiten Anfang der Achziger, an die ich mich aber aus einer Augenhöhe von etwa einem Meter erinnere, das gilt nicht. )
Das war ungewohnt, aber schön. Und ein bißchen schmerzhaft im Abgang.
Aber gut, machen wir wieder die bekloppte nervige Minderheit, da hab ich auch mehr Übung drin, und es ändert ja nichts an den Fakten.

2) Ich mußte mir einen neuen mp3-Player jagen, weil alle vorhandenen irgendwelche Wackelkontakte haben und ich schon, überbrückend, auf den Unterwasserplayer ausweichen mußte, den ich aber schonen will, damit er nicht, wenn ich dann mal schwimmen gehe, auch einen Wackelkontakt hat.
Und ich habe einen gefunden,den Sansa Clip plus; voll toll, klein, leicht, bezahlbar (bei e*** gebraucht MIT Garantie *freu*), mit Bookmarks (für Hörbücher lebenswichtig), Sleepfunktion, Radio, internem Speicher UND Kartenslot und lauter weiteren kleinen Schlauigkeiten.
Nur leider war er so leise, daß ich schon neben mäßig befahrenen Straßen meine Hörbücher nicht mehr verstanden habe.
Ich wollte ihn schon zurückschicken, da hat mir das Internet verraten, daß das eine EU-spezifische Gehörschutzregelung ist, und daß er super funktioniert, wenn man ihm sagt, er befände sich in den USA oder im Rest der Welt.
Na, das ist doch mal bürgerfreundliche Gesetzgebung, technisch intelligent umgesetzt.
Mir fehlen die Worte.
Aber vielleicht hört Ihr sie auch nur nicht, und das ist sicher besser so, für den Schutz Eures Gehörs....

3) Mein Fahrrad ist aus der Reparatur zurück. Rechtzeitig zum Beginn der Regenzeit. Trotzdem SO viel schöner, als mit übelgelaunten Menschen in einem Bus zu sitzen.

4) Der geliebten Schwester verdanke ich die Erkenntnis, daß Obst aus "blödem gesundem Pflanzenkram" in "leckere Süßigkeit" verwandelt werden kann, indem man es püriert. (Bisher dachte ich, man muß es durch Schokolade ersetzen, oder zumindest hineintunken. Oder vielleicht kandieren oder frittieren.)
Es heißt dann Smoothie, ist nicht wiederzuerkennen und mein regelmäßiger Freund zum Frühstück geworden. Wer mich kennt (ich frühstücke eigentlich nicht freiwillig und esse nicht freiwillig Obst), wird die Tragweite dieser Aussage ermessen können.

...
Hilfe.
...
Die Winterträgheit bemächtigt sich schon wieder meines Gehirns und meiner Finger...
Ich... muß ... schlafen..........
............chrrr.....

Sonntag, 20. November 2011

Was tun?

Die sehr alte Frau aus dem Haus nebenan dreht langsam hohl.

Sie hat jetzt schon zum dritten Mal Sturm geklingelt, um uns zu bitten, ihr ihren Hausschlüssel zu geben, den die Polizei(?) bei uns(?) abgegeben haben will, nachdem sie, also die Polizei(?), vorgestern abend um elf(?!) bei ihr war und, sie überrumpelnd, ihre Schlüssel und einige Schlösser(!?) mitgenommen hat(?!?).
Das sei ihr auch vorher in einem offiziellen Schreiben angekündigt worden, das sie jetzt aber nicht findet(!). Und vielleicht sei es auch nicht die Polizei gewesen, sondern Kriminelle, die sich als Polizei ausgegeben haben. Die eine habe ein bißchen ausgesehen, wie die Tochter des Polizisten, der neben uns wohnt(??!!??).

Meine Versuche, die Geschichte soweit zu präzisieren, daß sie Sinn ergibt, scheitern (in qualvoller Länge und Repetition).
Meine Idee, einen Schlüsseldienst anzurufen, der ihr das Schloß austauscht, weil sie sich sehr bedroht fühlt, lehnt sie empört ab: Auch der Schlüsseldienst stecke ja mit diesen Kriminellen und der Polizei(!!) unter einer Decke, und die wollten ihr alle nur das Haus wegnehmen.
Meine nächste (noch unausgesprochene) Idee, irgendein Sozialdienstdingens anzurufen, damit die mal nach ihr schauen (immerhin lebt sie allein in dem riesigen vor sich hingammelnden Haus) schmettert sie ab, indem sie sich als nächstes darüber entrüstet, eine Bekannte habe genau das getan und daraufhin hätte das Sozialdienstdingens sie angeschrieben, um einen Termin auszumachen; aber wenn diese Leute kämen, würde sie sie nicht reinlassen, denn die wollten ihr ja auch bloß das Haus wegnehmen (Diese Sorge empfinde ich als Fortschritt gegenüber den letzten Jahren, in denen sie überwiegend über Männer geklagt hat, die ständig nur das Eine von ihr wollten...)

Hm.

Ich denke, jemand müßte etwas tun.
Ich will das aus zwei Gründen nicht sein: Erstens steht mir zeitlich das Wasser eh schon bis zum Hals und zweitens ist mir diese Frau, die, seit ich sie kenne, nur über alle anderen schimpft und lästert, unglaublich unsympathisch. Ich habe sie schon ein paarmal reingelassen, Telefonate für sie gemacht, ihren Schlüssel für sie gesucht, ihr irgendwelche Ämterpost erklärt, aber es ist immer sehr unerquicklich und mehr möchte ich nicht.

Ich habe ihr jetzt geraten, den Nachbarn, der Polizist ist, direkt zur Rede zu stellen, warum seine Tochter ihre Schlüssel geklaut hat. Das ist vielleicht nicht fair, aber er ist ein lieber, verantwortungsbewußter Mann, und er weiß vielleicht besser als ich, was man in so einer Situation macht....

Was ich vor allem lerne:

Versuche, bevor Du alt wirst, deine unbearbeiteten Ängste zu bearbeiten, sonst holen sie dich in den Wahnvostellungen der Demenz wieder ein. Und versuche, wenn Du schon nicht ein breites Freundesnetz aufbauen kannst, das Dich trägt, zumindest NETT zu sein. Nett sein kann man üben, und es erhöht die Hilfsbereitschaft der Umgebung ungemein.

Sonntag, 30. Oktober 2011

Jahaaaaaaaaaaaaaaaaa!

Die Steuererklärung ist fertig !!!!!!!!!!!!!!!!!!!

... und ich auch. Urgh.

Sonntag, 16. Oktober 2011

Feigheit ist eine wirklich asoziale Eigenschaft

Es gibt ein paar Menschen, die mich so gut kennen, und deren Zuneigung oder Liebe oder Anerkennung ich mich so sicher fühle und denen ich so vertraue, daß es mir ihnen gegenüber einigermaßen gelingt, meine Wünsche und Bedürfnisse zu äußern und notfalls durchzusetzen, auch mal Nein zu sagen (und mich nicht immer unterzuordnen oder anzupassen, weil ich meine, anders nicht akzeptiert zu werden).
Schwierig ist dann, mich darüberhinaus gerade bei diesen Menschen darüber auszuheulen, daß ich das immer noch fast nie hinkriege, (nämlich NUR mit ihnen), wo sie doch die einzigen sind, die von mir gelegentlich auch mal Widerworte oder Ablehnung abbekommen, während ich allen anderen gegenüber immer noch viel zu oft unterwürfig kusche.

An alle die, die die Ehre haben, mir so nah zu stehen, daß ich mich traue, sie zu treten UND mich bei ihnen auszuheulen, bei der Gelegenheit mal ein inniges Dankeschön. Das ist ein Liebesbeweis.

Ja, ich weiß. Ich arbeite dran.

Dazugekommen

Huch, eigentlich gibt...
Huch, eigentlich gibt es das Blog doch schon gar nicht...
madove - 27. Jun, 16:07
Ein Lebenszeichen! Wie...
Ein Lebenszeichen! Wie schön!
Conradin - 25. Jun, 21:58
Hach, Gesprächsfetzen....
Hach, Gesprächsfetzen. <3 Mein Radio.
rebekka (Gast) - 2. Sep, 20:43
Echt?
Mal testen. Hm.
David (Gast) - 27. Mai, 17:24
yeeeeey
ich bin gerade so strahlefroh!! geil, dass das ein...
tonja (Gast) - 8. Mär, 15:46
Das ist ja schon witzig......
Das ist ja schon witzig... Du hast wirklich sehr sehr...
madove - 19. Jan, 22:00

Über mich

"Ma dove?" ist italienisch und heißt "Aber wo?".
Der "Name" ist eigentlich zufällig an mir hängenge-blieben, paßt aber bestechend:
Ich suche.
Den Sinn des Lebens, meinen Platz in der Welt, meinen eigenen Stil, und eigentlich ständig meinen Schlüsselbund. Bislang mit mäßigem Erfolg, aber unverdrossen.
Um herauszufinden, was ich denke, lese ich gerne hier nach. Dafür muß ich es aber erst schreiben.
Daher das blog.


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Zuletzt aktualisiert: 27. Jun, 16:07

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