Nein. Wirklich nicht. Auf keinen Fall.

Ich hasse ungebetene Ratschläge.

Ich hasse sie, weil sie mir das Gefühl geben, die ratschlagende Person geht davon aus, daß ich dümmer bin als sie, anstatt anzunehmen, daß ich meine Gründe habe, etwas anders zu machen, als sie es machen würde. Und es ist erfahrungsgemäß so, daß ich eher selten dümmer bin und sehr häufig Sachen anders mache als andere Leute...
Aber ich hasse sie vor allem, weil ich nicht Nein sagen kann; weil ich also für diesen Fall, daß der Rat mir nichts nützt, weil ich meine Gründe habe, große Schwierigkeiten habe, ihn dankend abzulehnen, und deshalb meine, ich müßte irgendwie sowas brabbeln wie "Oh, ja, danke, sehr nett von Ihnen, sehr hilfreich, ich werde das berücksichtigen!", und mich dann hinterher in der Klemme fühle, weil mir von ersten Moment an klar war, daß ich einen solchen Müll auf keinen Fall berücksichtigen werde, ich jetzt aber denke, ich muß.

Nach nur dreieinhalb Jahren Psychotherapie *lach* nähere ich mich einem Punkt, wo ich es für möglich halten könnte, dann einfach freundlich zu danken und NICHT zu sagen, daß ich den Rat umsetzen werde. Sondern unter Umständen sogar, daß nicht.

Und das ist ein guter Zeitpunkt. Jetzt ist nämlich die Jahreszeit, in der viele meiner Kunden, mit Sicherheit wohlmeinend, aber in dem Tonfall, in dem ich einem 4jährigen Kind erklären würde, daß es vor dem Überqueren einer Straße gucken muß, ob Autos kommen, meinen, mich auffordern zu müssen, meine Schaufenster weihnachtlich zu dekorieren, weil das sonst dem Geschäft abträglich ist.

Das kommt überhaupt nicht in Frage. Erstens habe ich soviel Arbeit, daß ich es mir zeitlich nicht leisten kann, rumzudekorieren. Zweitens bin ich im Moment nur dankbar, wenn weniger Kunden kommen. Und wer deshalb nicht reinkommt, der kann mir erst recht gestohlen bleiben. Und vor allem hasse ich Weihnachtsdeko, insbesondere kommerzielle, und überhaupt.

Also ist das eine wunderbare Chance, das Ablehnen zu üben.
Ich habe Anfang November bei "Mal sehen" angefangen und bin dabei, mich zu einem direkten "Danke, aber ich glaube nicht." zu steigern. Und werde bemerken, daß nichts Schlimmes passiert und sich niemand daraufhin umbringen wird.

Hoffentlich.

Bild geliehen von japanblog.de
Ein Beispiel für schreckliche Weihnachtsdeko
rebhuhn - 28. Nov, 20:43

:) ich drücke dir die daumen! achtung, ratschlag: du könntest es ja nach dem 'ich glaube, nicht.' noch mit einer rechtfertigung versehen ['ich mag die kommerzielle seite von weihnachten nicht so sehr..'], vielleicht ist das angenehmer...

madove - 29. Nov, 08:12

Der Ratschlag ist ja nicht VÖLLIG ungefragt, immerhin habe ich ja über ein
Problem geklagt ;-)

Interessante Überlegung.
Ich hab allerdings die Erfahrung gemacht (bei meinen wenigen Ablehnungsversuchen...), daß Leute, wenn man ihnen eine Begründung/Rechtfertigung angibt, meinen, sie müßten darüber diskutieren, weil sie denken, wenn sie denn angegebenen Grund ausräumen, mach ich es doch noch...
rebhuhn - 29. Nov, 11:49

guter punkt! hm. stimmt, dazu neigte ich selbst vermutlich auch ein bißchen.. [wenn ich denn am ergebnis, 'dekorierte fenster', interessiert wäre.] könnte man vermutlich versuchen, mit z.b. 'und das wird sich auch nicht mehr ändern, schätze ich..' o.ä. zu unterdrücken ;).. kompliziert, i see.

hatte das nur geschrieben, weil ich selbst gern rechtfertige - das gibt mir das gefühl, die meinungen/dinge von mir haben einen grund ;)!
madove - 30. Nov, 23:17

Ich glaube, für mich ist gerade die Erkenntnis neu&nützlich,daß meine Meinungen/Entscheidungen sogar dann ein Existenzrecht haben, wenn sie keinen Grund haben (soweit sie niemand anderem schaden usw.). Natürlich ist es aber praktischer, wenn sie einen haben.
Muriel (Gast) - 21. Jan, 12:10

Es wird keine Überraschung sein, dass ich natürlich NUR die kommerzielle Seite von Weihnachten überhaupt mag, aber das tut nichts zur Sache, und ich finde diese Entwicklung sehr erfreulich, die du schilderst. Weiterhin viel Erfolg.
(Ich habe im Privatleben insofern große Freude an ungebetenen Ratschlägen, als es mir Spaß macht, sie möglichst unfreundlich abzulehnen. Beruflich geht das natürlich nicht so ohne Weiteres, und die "Ich wahr selbst mal Führunksgraft! in einem grossen Unternemen! Und weiß deshalb! Wovon, ich rehde!"-Kunden wünsche ich mit Gusto in einen möglichst tiefen Kreis der Hölle.

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