Nachdenklich

Sonntag, 30. September 2012

...

In den letzten Wochen bin ich dreimal angesprochen worden, ob ich IRGENDWELCHE Arbeit habe, egal welche, egal zu welchem Preis. Das ist mir vorher noch nie passiert. Immer von anständig gekleideten Menschen, deren Sprache mir nicht den Eindruck vermittelt hat, als seien sie gerade irgendeiner Gosse entstiegen.

Unter den älteren Leuten in der Stadt, und unter den jüngeren aus erkennbar finanziell schwächerem Umfeld, sehe ich immer mehr mit dauerhaft fehlenden Zähnen.

Für die Neuvermietung unserer kleinen Wohnung, die sich dadurch auszeichnet, daß sie renovierungsgestaut, alt, klein und versifft ist, aber eben auch dementsprechend billig, haben sich doppelt soviele Interessenten gemeldet wie bei allen früheren Neuvermietungen. Und vor allem wollten sie sie alle nehmen (normalerweise machen 3/4 auf der Schwelle kehrt, was ich durchaus für einen sinnvollen Reflex halte).

Ich bin so wütend und so traurig und weiß nicht wohin damit.

Dienstag, 18. September 2012

Die Große Dinge.Und Sachen.-Leser-Umfrage

Sachtma, lest Ihr mein Blog eigentlich in einem RSS-Reader oder im Browser?

Samstag, 25. August 2012

Sadly, the book contained a misprint.

Das Sommerloch hier ist zu einem kleinen Teil auch der Erkenntnis geschuldet, daß ich im Moment den Eindruck habe, alles, was ich zu sagen hätte, ist schon tausendmal gesagt worden. Das ist wahrscheinlich weder wirklich falsch noch wirklich nützlich, und ein bißchen frustrierend, aber manchmal tut es andersrum auch gut, wenn andere Leute das sagen, was ich denke, und zwar fast wörtlich.
Und sei es nur meine Meinung zu einem unbedeutenden Teilgebiet bescheuerter Motivationsliteratur.
Das ist so ein Video, dessen Text fast wörtlich von mir sein könnte:



John Finnemore über "50 Things You Must Do Before You're 30"

Mittwoch, 27. Juni 2012

Widersprüchlich

In den letzten Jahren und Monaten drängt sich mir immer stärker die Wahrnehmung auf, wie wenig Menschen (und ich schließe mich explizit ein) überhaupt wissen und kapieren und überblicken, über ihr eigenes Leben und ihre eigenen Bedürfnisse zum Beispiel. Und erst recht, wie unglaublich unterschiedlich sie sind und wie noch viel weniger sie also insbesondere dazu sagen können, was andere machen sollten und was für andere gut und richtig ist.
Wir leben (nach meiner Überzeugung) alle zum ersten Mal, dilettieren deshalb überwiegend wild herum und versuchen, dabei möglichst wenig Schaden anzurichten und zumindest einen kleinen Teil der Spielregeln rauszukriegen, mit sehr eingeschränkten Sinnesorganen und sehr groben heuristischen Meßmethoden.
Und können uns mit Mühe halbwegs über das, was wir entdecken, und mit noch mehr Mühe über das, was wir dabei empfinden, austauschen, aber auch nur sehr begrenzt. Ganz gelegentlich hab ich mal das Gefühl, jemand sagt oder schreibt etwas, was mich wirklich berührt, und was ich vielleicht wirklich so verstehe, wie er's gemeint hat. Aber die meiste Zeit labern wir alle komisches Zeug aneinander vorbei.
Ich hatte deshalb noch nie so sehr das Bedürfnis, nicht vollgeschwallt zu werden, und auch noch nie so sehr das Bedürfnis, einfach mal die Klappe zu halten.

Das eigentlich Skurrile ist, daß ich auch noch nie soviel Lust hatte, podcasts (und zwar gerade solche irgendwelche-Leute-reden-über-irgendwas-podcasts) zu hören und fast auch irgendwie, selber zu podcasten (aber worüber?! s.o.)

Wieso finde ich "Gespräche" so viel einfacher und sympathischer, wenn sie einseitig und zeitlich steuerbar sind?
Gefühlt hat es was damit zu tun, daß ein podcast ein Angebot ist und keine Verpflichtung. Man MUSS nicht zuhören, man muß nicht "Ach ja, wirklich?" sagen, man muß nicht zustimmen oder widersprechen, man muß sich nicht ärgern, wenn der andere einen nicht zu Wort kommen läßt, sondern man kann einfach soviel mitnehmen, wie man will und kann, und basta.
Ich werde allmählich vielleicht wirklich ein bißchen soziophob, aber ich kann ganz oft auch inhaltlich interessante Gespräche nicht wirklich genießen, weil mich irgendwas an der Dynamik des Dialogs ärgert - ich werde ungefragt vollgeschwallt, niedergeredet, unterbrochen, oder andersrum, unterbreche selber vor lauter Ungeduld oder Besserwisserei, oder weil ich eine Aussage so nicht stehenlassen kann.

podcast ist: Ihr dürft fertigreden. Wenn ich Lust habe, höre ich es mir sogar an. Wenn ich noch mehr Lust habe, gebe ich hinterher einen Kommentar dazu ab, idealerweise sogar einen halbwegs durchdachten. Und wenn nicht, ist auch nicht schlimm, meistens entgeht der Welt nicht so viel.
Love it.

Mittwoch, 20. Juni 2012

Objektifizierung. Hier auch, weil mir kein besserer Titel einfällt.

Muriel und Anatol haben beide etwas zur Frage der Objektifizierung von Frauen in dieser Werbung geschrieben, und sie sind sich durchaus nicht einig, aber beide lesenswert. Meine Meinung liegt vielleicht näher bei Anatol, aber Muriel stellt die wunderbare Frage:

Und insbesondere dazu würde mich dann auch die Meinung der mitlesenden Frauen interessieren: Fühlt ihr euch angesprochen? Seht ihr die Sache mit dem Schmetterling als männliche Rezeption, oder könnt ihr euch auch mit der Vorstellung anfreunden, das könnte das “Feel it” der Sängerin sein? Ist die Frau im Auto nur ein Instrument unter der Kontrolle des Mannes, und wird sie dadurch entwürdigt?

Was denkt ihr von der Kampagne, und findet ihr meine Position verständlich, oder bin ich verblendet von der patriarchalen Gesellschaft, in der ich aufgewachsen bin? Seid ihr beleidigt, entsetzt ob des missglückten Plakats, oder versteht ihr einfach die ganze Aufregung nicht?
.

Und weil das ein Themenbereich ist, über das ich schon lange mal laut nachdenken wollte, nutze ich die Gelegenheit und tu es in einem eigenen Eintrag.

Ich bin nur begrenzt vertraut mit der feministischen Theorie hinter dem Vorwurf der Objektifizierung, sollte ich mal nachholen. Ich hatte bisher noch nicht so richtig Lust dazu, weil das für mich etwas vorbelastet ist: Wenn ich als Teenager irgendetwas Interessantes mit nackten Leuten gesehen (und mich gefreut) habe, hat meine Mutter oft über die Objektifizierung der Frauen geschimpft und mich weitergezogen.
Ich habe sie damals verdächtigt, einfach keine Darstellungen von Sex zu mögen, was überhaupt nicht zu dem Bild paßt, was ich sonst von ihr habe. Kann aber trotzdem sein. Egal. Jedenfalls fand ich es doof, und den Vorwurf auch, denn ich wollte das ALLES sehen.

Ich bemerke aber in den letzten Jahren bei mir an ähnlichen Stellen einen heftigen Widerwillen. (Über den Verdacht, keine Darstellungen von Sex zu mögen, bin ich meines Erachtens absolut erhaben - ich mag sie sehr, und ich bin auch gar nicht so wählerisch...
*verlegenzubodenguck*).

Und ich glaube, verstanden zu haben, was für MICH das Problem ist (ohne das jetzt irgendwie für andere Frauen verallgemeinern oder zu einer Theorie erheben zu wollen.)

Für mich ist die Objektifizierung an sich auch keine große Sache. Natürlich sehe ich meinen Klempner primär als Klempner, meine Kunden primär als Geldquelle und ich könnte durchaus auch Männer nennen, die ich schon eher nicht so sehr als Ganzes als Mensch toll fand, sondern eher in ihrer Funktion als, äh, naja. Also... I can relate.

Warum also die Aufregung, wenn irgendwo eine Frau primär als Sexobjekt dargestellt wird?
Für mich ist das eher ein Kristallisationspunkt.
Ich finde die Grundidee der gesamten Werbekampagne eigentlich ziemlich cool, und das besagte Motiv grenzwertig; wahrscheinlich hätte es mich nicht einmal besonders gestört, aber das ändert nichts an dem tieferliegenden Problem, das daran imho sichtbar wird:

In der überwältigenden Mehrheit aller "Erzählungen", die in Filmen, Büchern, aber auch Produktbeschreibungen und Werbeplakaten transportiert werden, sind es nach wie vor Männer, die handeln, Entscheidungen treffen, hinaus in die Welt ziehen, Abenteuer erleben, die Welt gestalten.
(Man kann jetzt einzelne Ausnahmen aufzählen. Daß es in den letzten Jahren ein paar Prozent anderer Erzählungen gibt, ändert aber (noch) nicht viel an dem Effekt.)

Es gibt eine separate Schiene von selbständigen Erzählungen, in denen Frauen für ihre Liebe kämpfen, ihr Kind retten, ihren Traummann finden oder die richtigen Vorhänge oder das richtige Waschmittel. Aber wenn genau DIESE Form der Lebensgestaltung (grob verallgemeinert: Hausfrau) gerade nicht mein primäres Interessensgebiet ist, dann sind meine Identifikationsfiguren immer Männer.

Und das ist erstmal auch kein Problem für mich.
Wenn ich lese oder Filme sehe, dann bin ich Kapitän, Cowboy, Selfmademan, Ritter, Entdecker oder auch Loser. Wenn ich Werbung sehe, kann ich auch Sportwagenfahrer, Heimwerker oder Pianist sein, wenn ich will.
Es ist kein Problem, weil es für die meisten Sachen eigentlich nicht wichtig ist, welches Geschlecht die Person hat. Da kann ich mich mit einem Mann genausogut identifizieren wie zB mit einer kleinen dünnen dunkelhäutigen Heldin, obwohl ich groß und klopsig und weiß bin. Aber übrigens auch nur, weil ich nicht in einem Kanon aufgewachsen bin, der mir sogar explizit sagt, daß ich nicht Kapitän sein KANN, weil ich weiblich bin. Damit stelle ich immer noch weltweit eine Minderheit dar.
Also: in der Mehrheit der interessanten Szenarien ist der handelnde Mensch in Wirklichkeit ein handelnder MANN. Aber ich habe immerhin die Wahl, die Rolle trotzdem auch auf mich zu beziehen.

Sobald aber eine Frau (als Objekt) ins Spiel kommt, spielt das Geschlecht der Hauptperson sehr wohl eine Rolle.
Und ich falle aus meiner Identifikation, weil ich bis eben noch der Cowboy war und aber jetzt erkenne, daß die Idee des Autors für meinesgleichen eigentlich ist, daß ich diejenige bin, die dem Cowboy ein Bier bringt und ihm die Stiefel auszieht, oder mehr.
Und je objektifizierender die Darstellung der Frauen ist, je platter ihre Charakterzeichnung und je aufgeblasener ihre Oberweite, desto deutlicher macht mir der Autor oder die Werbeagentur:
Ich bin nicht gemeint.
Das Produkt, das Spiel, die Geschichte ist nicht für mich gedacht.
Ich -- bzw. wir, die Hälfte der Bevölkerung, sind nicht die Zielgruppe, sondern wir sind die Leute, die der Zielgruppe ein Sandwich machen oder einen blasen.

Und sogar das ist vielleicht erstmal nicht so schlimm, es darf ja auch Produkte ausschließlich für Männer geben.
Aber weil es an so vielen Stellen auftritt, wo eigentlich alle gemeint sein sollten und gemeint sein könnten, empfinde ich es irgendwann ab dem 473sten Mal als einen expliziten Ausschluss.
Der auf eine gewisse Weise nochmal schlimmer wird dadurch, daß er oft nicht absichtlich geschieht: Anatol schreibt treffend:

Ohne es zu wollen, bestätigt Thomann [in seiner "Entschuldigung"] das zugrundeliegende Problem und nimmt sprachlich konsequent die Perspektive der Männer unter ihren Kund/innen ein: Es geht nicht darum, welche Gefühle „man“ beim Musikmachen hat, es geht darum, welche Gefühle „Mann“ beim Musikmachen hat.

Die männliche Perspektive ist die normale, und es gibt, wie es eine Freundin von mir mal ausdrückte, "Menschen und Frauen". Und das ist mir zuwenig.

Montag, 18. Juni 2012

*taschentuchschwenk*

Meine Schwester fliegt für ein Vierteljahr nach Asien.
Nur bewaffnet mit ihrem Freund und einem Rucksack.

Ich bin überrascht davon, wie sehr ich sie beneide (ich hatte eigentlich nie große Lust zu reisen und Abenteuer dieser Art zu erleben. Und die letzten Jahre bin ich viel zu platt. Aber ich hätte jetzt gerne welche hinter mir. Irgendwie so als Erinnerungen.).

Vor allem aber bin ich überrascht, wie sehr ich sie vermisse. Ich meine - jetzt schon?! Sie sitzt gerade mal im Flugzeug?!
Als sie von zuhause nach Marburg, von Marburg nach Aarhus gezogen ist, das hat sich ganz anders angefühlt, eigentlich unverändert, immer mit dem Gefühl, daß sich ein Besuch auch für ein Wochenende lohnen würde, und vor allem mit Telefon und Skype.

Hmpf.
Ich war immer stolz drauf, niemanden zu brauchen, niemanden zu vermissen, eigentlich nicht mal wirklich jemanden so zu mögen, wie das andere Leute machen, so mit regelmäßigem Kontakt. Eigentlich mehr so ein Fernmöger.
Und dann hatte ich vor ein paar Jahren diese coole Idee, ich entdecke meine Gefühle und so.
Und jetzt sitz ich hier und schaue schniefend auf mein Handy.

Toll.

Caring is not an advantage, Sherlock.

Freitag, 25. Mai 2012

Ich. Muss. Adorno. Lesen.

Aber wann, wann, wann mach ich denn das bloß?

Samstag, 12. Mai 2012

Man muß auch delegieren können...

In der letzten Zeit, die blogtechnisch auf meiner Seite ein bißchen unproduktiv war, haben erfreulicherweise eine Menge Leute Dinge gebloggt, die sich für mich so anfühlen, als hätte ich sie in Auftrag gegeben. Das ist Service...!

Wer also (in etwa) das lesen möchte, was ich gerne geschrieben hätte, der gehe bitte hier entlang: Zum Thema

- Betreuungsgeld (delegiert an Antje Schrupp)

- ärgerliche Bürokratie und der Grund dafür (delegiert an jawl)

- Privateigentum im Allgemeinen (delegiert an Muriel)

- Urheberrechtsdebatte/-aufruf (komischerweise am ehesten delegiert an diesen Typen von SPON, der mich sonst eher nicht so...)

Beruhigend, daß ich mich auch mal ein paar Tage in meinem Psychokram verheddern kann, und trotzdem jemand meine Arbeit macht... :-)

Mittwoch, 18. April 2012

Vatersachen

Muriel hat einen wirklich schönen Text über seinen vor einiger Zeit verstorbenen Vater geschrieben.

Ich schlage mich mit meinem noch rum - meistens sehr liebevoll, zunehmend auch kritisch, aber unser Verhältnis ist sehr eng und weitestgehend sehr schön (mir fiele auf Anhieb NICHTS ein, worüber ich mit meinen Eltern nicht reden könnte. Meine größte Angst wäre vielleicht die Enttäuschung, wenn sie nur eine eher desinteressierte oder unqualifizierte Antwort hätten).
Trotzdem, oder gerade wegen der Nähe, hat seine Persönlichkeit mich sehr geprägt, und nicht nur im positiven Sinne. Denn wie alle Menschen ist natürlich auch mein Vater kompliziert, und ich habe viele Dinge von ihm gelernt, durch sein Vorbild - aber auch, indem ich als Gegenüber die Form angenommen habe, die neben ihm im Raum noch frei war, und ein bißchen auch das geworden bin, was seine Bedürfnisse erfüllt. Und natürlich auf vielen Gebieten auch durch Abgrenzung und Eben-grade-das-Gegenteil-machen.

Söhne:
Was mir auffällt, ist, daß ich keinen Mann (nach längerem Nachdenken:)nur einen Mann in meinem Freundeskreis habe, der ein nettes und entspanntes Verhältnis zu seinem Vater hat.
Mein Liebster spricht mit seinem seit knapp 20 Jahren nicht mehr - er probiert es alle paar Jahre mal wieder, aber sie haben sich so dermaßen überhaupt nichts zu sagen, und das auf eine ziemlich unangenehme Weise.
Die Mehrheit der Männer, mit denen ich näher zu tun hatte, haben einen Vater, der in ihnen durch eine unterschiedlich dosierte Mischung aus Desinteresse und Erwartungen/Abwertung den Eindruck hinterlassen hat, sie wären halt eine große Enttäuschung für ihn, und deshalb liebe er sie nicht. Sie quittieren das dann oberflächlich mit Wut und Desinteresse und strampeln sich jahrzehntelang an diesen Themen ab, um dem Vater zu beweisen, daß sie doch was taugen. Oder machen genau das Gegenteil.
Und heulen vor Fernsehserien, wenn ein Vater seinem Sohn sagt, daß er stolz auf ihn ist. ALLE!
Also alle Männer, mit denen ich je solche Fernsehserien gesehen habe. Das sind vielleicht zehn...

(Achja, natürlich ist das alles nicht repräsentativ und keine soziale Studie, und ich bin ja auch eine bestimmte Art Mensch, kann gut sein, daß ich mir eine bestimmte Art Männer aussuche und von ihnen ausgesucht werde. Aber es scheint zumindest ein verbreitetes Phänomen zu sein.)

Vor ein paar Jahren hätte ich zu Töchtern&Vätern noch nur verwundert sagen können, daß da meiner Wahrnehmung nach eigentlich alles prima ist - meine weiblich sozialisierten Bekannten kamen eigentlich alle ziemlich gut mit ihren Vätern aus und sind irgendwann mit Mitte zwanzig auch aus den kleineren Eifersüchteleien/Bevormundungskämpfen mit ihren Müttern rausgewachsen. Eitel Sonnenschein, bis auf leichtes Genervtsein manchmal.

In den letzten Jahren entdecken aber viele von uns, unabhängig voneinander, daß es einfach deshalb mit den Vätern so friedlich war, weil wir uns eben doch auf vielen Gebieten relativ erwartungskonform verhalten haben: im Endeffekt doch immer nett und niedlich und brav und fleißig waren, (von einem zu kurzen Rock oder einem "falschen" oder zu frühen Freund mal abgesehen, davon berichten tatsächlich viele. Das war jetzt bei mir kein Problem).
Bei den Töchtern, so scheint mir, kommt das Problem eher auf, wenn sie dann mal wirklich groß sind, der Mädchen-"nette junge Frau"-Rolle entwachsen, tatsächlich entdecken, was sie wollen, und das auch machen. Dann kühlt das Verhältnis oft merklich ab. Also jetzt so.

Ich habe den Eindruck, daß Mütter nur dann ein Problem sind, wenn sie echt ein Problem sind. Also es gibt ein paar Leute mit echt psychopathischen Müttern in meinem Umfeld, und die hinterlassen dann natürlich auch Spuren, aber sonst hab ich den Eindruck, daß Mütter bestenfalls dazu neigen, einem auf die Nerven zu gehen, aber wenige meiner Bekannten beiderlei Geschlechts wirklich dramatische offene Rechnungen mit ihren Müttern haben.

Ich frage mich schon, was das für ein Phänomen ist (und, ob es überhaupt ein Phänomen ist und nicht einfach ein statistischer Ausreißer in meinem Umfeld).
Auch 30 Jahre später, im Gespräch mit Männern, die jetzt im Väteralter sind und die sich viel mehr auf Familie und Kinderhaben einstellen und aktiver und bewußter daran teilnehmen (wollen), beobachte ich ganz oft ein imho fehlendes Bewußtsein dafür, daß Kinder a) noch klein und b) eigene Menschen sind.

Das wird jetzt kein Gutmenschenartikel über gewaltfreie, antiautoritäre Kindererziehung - ich will unter anderem deshalb keine Kinder, weil ich in Erziehungsfragen so VÖLLIG verunsichert bin (ich habe noch nie eine gelungene Erziehung gesehen), daß ich es mir nicht zutraue. Also trau ich mir auch kein wirkliches Urteil zu.

Aber die Vorstellung, daß man bei einem Kind nur auf die richtigen Knöpfe zu drücken braucht, und daß es sich dann so verhält, wie man es sich vorstellt, und zwar möglichst sofort (völliges Unverständnis, warum der Dreijährige schon wieder den gleichen Fehler macht: Ich hab es ihm doch schon zweimal erklärt!!!), scheint mir vor allem bei Männern sehr präsent zu sein. Die Knöpfe haben sich geändert, man(n) prügelt jetzt nicht mehr mit dem Gürtel, sondern ist zugewandt und fördernd, aber wenn das Produkt dann mit 2, 6, 10 Jahren bei irgendwas nicht funktioniert oder mit 6, 10, 16 Jahren wirklich eine eigene Persönlichkeit entwickelt, reagieren doch viele Väter überrascht bis beleidigt und ziehen sich entweder zurück oder probierens doch mit (heute eher verbaler oder psychischer) Gewalt.

Eigentlich ist es kein Wunder: Frauen haben in ihrer Biografie Jahrzehnte Vorsprung, um sich an den Gedanken des Umgangs mit Kindern zu gewöhnen (das ist ab Alter 0 dank Puppen ein Bestandteil unseres täglichen Lebens, während ich kaum einen Mann kenne, der vor 20 auch nur einmal drüber nachdenken mußte), und die kriegen es auch bei weitem nicht immer hin.

Wie seht Ihr das?
Hab ich mich in einer Nische festgebissen? Waren/sind eure Väter auch so? Oder ist die Mutter viel schlimmer? Oder liegts an was völlig anderem?

Samstag, 14. April 2012

Unwrapping the onion

Irgendwo in den Tiefen des Internets bin ich vor kurzem über Melissas Blog gestolpert.

Sie hat einen "Protestant Fundamentalist"-Hintergund, kommt also aus einer Familie in den USA, wo die religiös legitimierte Unterordnung der Frau unter den Mann, Prügelstrafen für die Kinder, Abstinenz vor der Ehe, Homophobie und alles andere, was man sich so an Schrecklichem vorstellen kann, völlig selbstverständlich sind, und hat dank Homeschooling und Heirat innerhalb der selben Community lange Zeit diese Vorstellungen als alternativlos gelebt.

Ihr Blog, das sie als junge Mutter von inzwischen vier Kindern begonnen hat, begleitet ihre eigene Entwicklung weg von diesen "Werten", offensichtlich bestärkt durch den Glücksfall, daß ihr Partner, obwohl als Pastor sehr eingebunden in die Szene, auch zu einer gewissen Offenheit in der Lage war.
Vor kurzem hat sie/haben sie sich entschlossen, über einen der wichtigen Gründe für diese Entwicklung zu berichten, nämlich die Geschichte zu erzählen, wie ihr Partner ihr gestanden hat, daß er unter "Gender dysphoria" leide, also dem Gefühl, eigentlich eine Frau zu sein - und wie sie als christlich-fundamentalistisch geprägtes Paar damit umgegangen sind. Sie ist noch dabei, das zu erzählen, deshalb weiß ich noch nicht, wie es ausgeht...

Als jemand, die in einem Umfeld großgeworden ist, in dem ich zu keiner Zeit allzu große Sorgen gehabt hätte, meiner Familie oder auch meinen Freunden irgendein Geständnis dieser Art zu machen, ist es tief beeindruckend, aus erster Hand von den schrecklichen Selbstvorwürfen und Ängsten zu lesen, die gebildete erwachsene Menschen durchleiden müssen, wenn man ihnen nur einfach ihr Leben lang genug Scheiße erzählt hat. (...hm. In dieser Allgemeinheit gilt der Satz auch für mich, wenn auch in moderaterem Rahmen...)

Andererseits ist es auch unglaublich ermutigend, Melissas (und beider) Entwicklung zu verfolgen: Schritt für Schritt diese Prägungen hinter sich zu lassen und eine partnerschaftliche Beziehung zu führen, mit dem regelmäßigen Schlagen der Kinder mit dem Kochlöffel aufzuhören (gruselig die schrecklichen Zweifel, die man offensichtlich in dieser Community damit hat - vielleicht schade ich meinen Kindern, wenn ich das nicht mehr mache?) und offensichtlich auch mit diesem jetzt beschriebenen Gender"problem" als Paar offen umzugehen. Und (mit etwas zeitlichem Abstand) darüber zu berichten.
Doppelt mutig darüberhinaus auch deshalb, weil, wenn ich das richtig lese, vor einiger Zeit jemand ihre Identität ihrem Blog zugeordnet hat und sie eine Weile gezögert und sich dann fürs Weiterschreiben entschieden hat.

Wer also gerne anderen Menschen beim Lernen und Wachsen und Kämpfen "zuschaut" und dabei einen Eindruck gewinnen möchte, wie das wunderbare Christentum im wunderbaren Land der Freiheit den Menschen die Erlösung bringt, dem sei dieses Blog ans Herz gelegt.

Dazugekommen

Huch, eigentlich gibt...
Huch, eigentlich gibt es das Blog doch schon gar nicht...
madove - 27. Jun, 16:07
Ein Lebenszeichen! Wie...
Ein Lebenszeichen! Wie schön!
Conradin - 25. Jun, 21:58
Hach, Gesprächsfetzen....
Hach, Gesprächsfetzen. <3 Mein Radio.
rebekka (Gast) - 2. Sep, 20:43
Echt?
Mal testen. Hm.
David (Gast) - 27. Mai, 17:24
yeeeeey
ich bin gerade so strahlefroh!! geil, dass das ein...
tonja (Gast) - 8. Mär, 15:46
Das ist ja schon witzig......
Das ist ja schon witzig... Du hast wirklich sehr sehr...
madove - 19. Jan, 22:00

Über mich

"Ma dove?" ist italienisch und heißt "Aber wo?".
Der "Name" ist eigentlich zufällig an mir hängenge-blieben, paßt aber bestechend:
Ich suche.
Den Sinn des Lebens, meinen Platz in der Welt, meinen eigenen Stil, und eigentlich ständig meinen Schlüsselbund. Bislang mit mäßigem Erfolg, aber unverdrossen.
Um herauszufinden, was ich denke, lese ich gerne hier nach. Dafür muß ich es aber erst schreiben.
Daher das blog.


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Zuletzt aktualisiert: 27. Jun, 16:07

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gleicher username wie hier, nur eben bei web.de ( NEU! Die gmx-Adresse ist tot. Für immer.)

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