Werkstattgrübeleien
Im Moment habe ich ja Urlaub,
Das heißt, meine Werkstatt ist offiziell geschlossen, und zwar habe ich mir eine richtig lange Pause gegönnt, drei Wochen. Erstens hatte ich 2011 sonst nie länger als zwei Tage zu, und zweitens ist das gefühlte Gemaule der Kunden nicht proportional zur Dauer meiner Abwesenheit, sondern eher konstant; länger "lohnt" sich also.
Der Mann hat aber nur wenige Tage freigekriegt, und den Rest der Zeit war ich durchaus viel in der Werkstatt: Es gibt irrsinnig viel zu machen, was seit Monaten liegenbleibt, und irgendwann ist auch mal ein bißchen Inventur und Umordnung dran.
Jedenfalls fällt mir auf, wie gerne ich meine Arbeit mag.
Das ist nicht wirklich überraschend; schließlich hab ich nach dem Diplom alle die tollen Karrierewege, die meine Kommilitonen gegangen sind und in denen sie jetzt durchaus entspannt und zufrieden das drei- bis vierfache verdienen, entschieden verschmäht und stattdessen diese winzige Werkstatt übernommen, eben weil das eine Tätigkeit ist, die ich aktiv gerne mache, viele Stunden am Tag, im Gegensatz zu zB Versicherungsmathematik...
Außerdem habe ich die finanzielle Sicherheit (und die Rente...) eingetauscht gegen Selbstbestimmung und freie Einteilung meines Arbeitstages, die Möglichkeit, meine Arbeitsbedingungen genau so zu gestalten, wie ich sie will, und niemandem verantwortlich zu sein als mir selber und der Qualität meiner Arbeit.
Schade, daß das nicht klappt.
Der Teil, der deutlich besser funktioniert als ich dachte, ist der organisatorische. Davor hatte ich etwas Angst: Material zu bestellen, die paar Maschinen zu warten, die Steuer, die Bürokratie, die Betriebswirtschaft... das habe ich alles in der Ausbildung nicht gelernt, aber es hat sich problemlos meistern lassen.
Was mich fertigmacht, ist die Existenz von Kunden.
Und dazu muß man sagen, daß meine Kunden im Gegensatz zu dem, was man so im Einzelhandel zu sehen kriegt, eine extreme Positivauswahl darstellen; es handelt sich überwiegend um höfliche, freundliche und überdurchschnittlich gebildete Menschen, die darüberhinaus entzückt von mir oder meiner Arbeit sind und mich mit Geschenken, Lob und Trinkgeld überhäufen. Echt jetzt.
Das macht es aber (zumindest mir) noch viel schwerer, sie zu enttäuschen, als mir das eh schon bei allen Menschen fällt.
Und ihnen also sagen zu müssen, daß etwas länger geht oder teurer wird, als sie gedacht haben. Oder gar nicht geht. Oder ich es nicht machen will. Oder dieses Material sich für mich nicht zu bestellen lohnt.
Oder auch, mich nicht mit vollem Perfektionismus in jeden 3-Euro-Auftrag zu stürzen. Auch wenn das ein bißchen besser geworden ist, seit ich genauer merke, was sie begeistert und was nicht und mich danach richten kann.
Und im Ergebnis bin ich dann ständig nur gehetzt, schlecht bezahlt, mache Sachen, die ich nicht mag oder nicht besonders gut kann, und fange an, meine Arbeit und meine Kunden zu verfluchen, aber im Endeffekt gibt es genau eine Person, die das ganze Theater gebaut hat und es also auch wieder abbauen kann...
Und weil ich jetzt, in diesen zwei Wochen, in denen ich niemanden reinlassen muß und niemand mir was sagen kann, mal wieder gemerkt habe, wie schön meine Arbeit eigentlich ist, nehm ich mir ganz, ganz fest vor, für dieses "Geschäftsjahr" und alle folgenden:
In MEINEM Laden passiert das, was ICH will. Und wem das nicht paßt, der kann gehen. Und wer trotzdem nicht geht (mangels Alternative in der Region... hehe...), dessen enttäuschtes Gesicht bei meinen Antworten oder theatralisches Aufseufzen beim Bezahlen werde ich einfach AUSHALTEN müssen, so wie es jeder Automechaniker und jeder Klempner aushält.
Dann könnte das Ganze, für das ich, wie gesagt, als Selbständige durchaus einen Preis bezahle in Geld, Zeit und Sicherheit, vielleicht tatsächlich diese wunderbare Situation und Arbeit sein, um die mich so viele Leute so wortreich beneiden.
Und wenn ich auf die Weise auch mein Einkommen in eine Höhe bringen kann, die mein persönliches Existenzminimum überschreitet, dann hilft das vielleicht dem Mann auch, sich durchzuringen, im Sommer endlich seinen widerlichen Job zu kündigen und sich von einem plattgewalzten ausgewrungenen Handtuch wieder in den Mann zu verwandeln, den ich mir damals ausgesucht hatte.
Aber das, liebe Kinder, ist eine andere Geschichte.
Das heißt, meine Werkstatt ist offiziell geschlossen, und zwar habe ich mir eine richtig lange Pause gegönnt, drei Wochen. Erstens hatte ich 2011 sonst nie länger als zwei Tage zu, und zweitens ist das gefühlte Gemaule der Kunden nicht proportional zur Dauer meiner Abwesenheit, sondern eher konstant; länger "lohnt" sich also.
Der Mann hat aber nur wenige Tage freigekriegt, und den Rest der Zeit war ich durchaus viel in der Werkstatt: Es gibt irrsinnig viel zu machen, was seit Monaten liegenbleibt, und irgendwann ist auch mal ein bißchen Inventur und Umordnung dran.
Jedenfalls fällt mir auf, wie gerne ich meine Arbeit mag.
Das ist nicht wirklich überraschend; schließlich hab ich nach dem Diplom alle die tollen Karrierewege, die meine Kommilitonen gegangen sind und in denen sie jetzt durchaus entspannt und zufrieden das drei- bis vierfache verdienen, entschieden verschmäht und stattdessen diese winzige Werkstatt übernommen, eben weil das eine Tätigkeit ist, die ich aktiv gerne mache, viele Stunden am Tag, im Gegensatz zu zB Versicherungsmathematik...
Außerdem habe ich die finanzielle Sicherheit (und die Rente...) eingetauscht gegen Selbstbestimmung und freie Einteilung meines Arbeitstages, die Möglichkeit, meine Arbeitsbedingungen genau so zu gestalten, wie ich sie will, und niemandem verantwortlich zu sein als mir selber und der Qualität meiner Arbeit.
Schade, daß das nicht klappt.
Der Teil, der deutlich besser funktioniert als ich dachte, ist der organisatorische. Davor hatte ich etwas Angst: Material zu bestellen, die paar Maschinen zu warten, die Steuer, die Bürokratie, die Betriebswirtschaft... das habe ich alles in der Ausbildung nicht gelernt, aber es hat sich problemlos meistern lassen.
Was mich fertigmacht, ist die Existenz von Kunden.
Und dazu muß man sagen, daß meine Kunden im Gegensatz zu dem, was man so im Einzelhandel zu sehen kriegt, eine extreme Positivauswahl darstellen; es handelt sich überwiegend um höfliche, freundliche und überdurchschnittlich gebildete Menschen, die darüberhinaus entzückt von mir oder meiner Arbeit sind und mich mit Geschenken, Lob und Trinkgeld überhäufen. Echt jetzt.
Das macht es aber (zumindest mir) noch viel schwerer, sie zu enttäuschen, als mir das eh schon bei allen Menschen fällt.
Und ihnen also sagen zu müssen, daß etwas länger geht oder teurer wird, als sie gedacht haben. Oder gar nicht geht. Oder ich es nicht machen will. Oder dieses Material sich für mich nicht zu bestellen lohnt.
Oder auch, mich nicht mit vollem Perfektionismus in jeden 3-Euro-Auftrag zu stürzen. Auch wenn das ein bißchen besser geworden ist, seit ich genauer merke, was sie begeistert und was nicht und mich danach richten kann.
Und im Ergebnis bin ich dann ständig nur gehetzt, schlecht bezahlt, mache Sachen, die ich nicht mag oder nicht besonders gut kann, und fange an, meine Arbeit und meine Kunden zu verfluchen, aber im Endeffekt gibt es genau eine Person, die das ganze Theater gebaut hat und es also auch wieder abbauen kann...
Und weil ich jetzt, in diesen zwei Wochen, in denen ich niemanden reinlassen muß und niemand mir was sagen kann, mal wieder gemerkt habe, wie schön meine Arbeit eigentlich ist, nehm ich mir ganz, ganz fest vor, für dieses "Geschäftsjahr" und alle folgenden:
In MEINEM Laden passiert das, was ICH will. Und wem das nicht paßt, der kann gehen. Und wer trotzdem nicht geht (mangels Alternative in der Region... hehe...), dessen enttäuschtes Gesicht bei meinen Antworten oder theatralisches Aufseufzen beim Bezahlen werde ich einfach AUSHALTEN müssen, so wie es jeder Automechaniker und jeder Klempner aushält.
Dann könnte das Ganze, für das ich, wie gesagt, als Selbständige durchaus einen Preis bezahle in Geld, Zeit und Sicherheit, vielleicht tatsächlich diese wunderbare Situation und Arbeit sein, um die mich so viele Leute so wortreich beneiden.
Und wenn ich auf die Weise auch mein Einkommen in eine Höhe bringen kann, die mein persönliches Existenzminimum überschreitet, dann hilft das vielleicht dem Mann auch, sich durchzuringen, im Sommer endlich seinen widerlichen Job zu kündigen und sich von einem plattgewalzten ausgewrungenen Handtuch wieder in den Mann zu verwandeln, den ich mir damals ausgesucht hatte.
Aber das, liebe Kinder, ist eine andere Geschichte.
madove - 4. Jan, 09:40