Kompromisse

Kürzlich sagte der MannTM in einem Nebensatz, jenen Einrichtungsgegenstand hätte er jetzt aber gerne mal soundso, weil wir ja normalerweise immer alles so machen, wie ich es will.
Verbissenes Schweigen auf meiner Seite; ich bin der festen Überzeugung, wir haben alles so gemacht, wie er es will. Jedenfalls ist hier in der Wohnung nichts so, wie ich es gewollt hätte. Zugegebenermaßen auch nicht, wie er es gewollt hätte. Unsere ganze Wohnung ist voller Kompromisse.

Ich habe, auch wenn man das meinen Wohnungen nicht auf Anhieb ansieht, sehr deziderte Vorstellungen von meinem Einrichtungsstil, die ich schlecht in Worte fassen kann; ich kann aber von jedem Möbelstück und jedem Einrichtungskonzept sofort sagen ob es dazugehört oder nicht.
Der MannTM auch.
Und sie sind genau entgegengesetzt.
Als wir unsere ersten gemeinsamen Möbel kaufen gehen wollten, sind wir verliebt und händchenhaltend in ein Möbelhaus gehüpft und haben auf Dinge gedeutet. Bei jedem, wirklich jedem Gegenstand hat einer von uns beiden "Das ist ja wunderschön!" und der andere "Das ist ja ekelhaft!" gerufen, mit wechselnden Rollen. Wir sind dann, ohne irgendwas zu kaufen, sehr deprimiert und einander ein wenig entfremdet wieder nach Hause gefahren.

Grob zusammengefaßt mag ich helles Holz, bunte Grundfarben, eine vielleicht öko-anthroposophisch angehauchte Form- und Farbgebung, Flohmarkt- und Sperrmüllsachen, solange sie NICHT wie Antiquitäten wirken, Tücher, selbstgebaute "praktische" Konstruktionen, die jeden Winkel nutzen. Ornamente, aber keine gegenständliche Deko. Jugenstil, aber nicht allen.
Der MannTM mag Eiche rustikal und Antiquitäten, und Dinge, die er als "hochwertig" und "traditionell" empfindet. Zugegeben klingt das alles auf Italienisch irgendwie weniger eklig. Aber trotzdem für mich schwierig.

Wir haben uns damals auf einen mittelbraunen Landhausstil geeinigt, mit dem wir beide leben können, den wir aber beide nicht ausgesucht hätten. Und dann hat der Geld- und Platzmangel tatsächlich ein paar Nischen eher nach meinem Geschmack werden lassen, weil wir improvisieren "mussten".
Ich fürchte, jetzt, wo ein bißchen mehr Geld da ist, werden die Kämpfe schwieriger werden. Ich muß sehen, wo ich nachgeben kann und wo nicht.
Wenigstens meine Werkstatt kann ich ja immer verspielt und fröhlich und praktisch einrichten.
rebhuhn - 23. Mai, 02:23

ich sitze auch hier in einer wohnung, die zwar meine, aber aus gründen überwiegend mit kompromiß-möbeln angefüllt ist. ich kann das gefühl ganz gut nachvollziehen, denke ich. hast du schon mal über 'zimmer in der wohnung dir oder ihm zuordnen' nachgedacht?

aus interesse: wer liest hier eigentlich alles mit, der dich kennt? :)

madove - 23. Mai, 09:33

Unsere Wohnung ist sehr klein, auch aus komplizierten Gründen, dh es gibt eigentlich nur ein Schlafzimmmer und ein Wohnzimmer, das offen an die Küche angeschlossen ist. Wir sind beide nicht viel zuhause, deshalb macht es nichts, und ich mag kleine enge Räume (er nicht...), und ich gleiche es halt durch die Werkstatt aus, die ja "mein Zimmer" ist. Ich war nur überrascht, daß ich gefühlt auf soviel verzichtet habe, und er dadurch so wenig gewonnen hat. Das ist irgendwie noch semioptimal.

--

Wer hier liest, der mich kennt?
Das klingt jetzt wirklich komisch, aber:
Niemand, außer meiner Mutter.
Und einem Freund, aber "kennen" ist relativ. Und der geliebten Schwester, aber die scheint es nicht oft zu lesen, oder sie kommentiert nicht (W.jr., bist Du da? hallo?)

Ich habe das blog vor allem für mich angefangen ('Woher soll ich wissen, was ich denke, eh ich lese, was ich schreibe?'). Für den MannTM ist es sprachlich noch zuviel Deutsch, und er hat, als ich ihm davon erzählt habe, auch nicht besonders neugierig reagiert (liest nie Blogs). Eigentlich wollte ich es niemandem sagen, damit ich frei schreiben kann, aber mit Mutter und Schwester rede ich eh über alles, und ein bißchen Publikum wär dann schon nett.

Vielleicht erzähle ich irgendwann auch noch Freunden davon, aber dann kann ich zB über die ja hier nur noch eingeschränkt schimpfen ;-)
rebhuhn - 23. Mai, 13:58

:) ich hatte anfänglich meinen eltern, freunden ... von meinem blog erzählt, weil ich das so cool fand ^^. naja, man wird älter und zickiger ;) und möchte manchmal gern schimpfen, das geht dann eben nicht. auch ok, wenn ich an 'achte auf deine gedanken, denn sie werden deine einstellung - achte auf deine einstellung, denn sie formt deine worte - achte auf deine worte, denn sie bestimmen deine freunde - achte auf deine freunde, denn sie formen deinen charakter' [oder so ähnlich] denke .. aber ich weiß, was du meinst. in der zeit meines beziehungsendes [~februar] hätte ich gern darüber geschrieben und mir relativ objektive antworten oder einschätzungen 'von außen' geholt, da c aber mitlas, ging das nicht - und im nachhinein bin ich froh darüber, weil so etwas [meiner abschließenden meinung nach] doch viiel besser in einem selbst zu klären ist.

wann seid ihr denn zusammengekommen? bei meiner mutter und meinem vater habe ich beobachtet, daß sie dadurch, daß sie schon mit 19 zusammen waren und mit 21 geheiratet haben, einen recht ähnlichen stil entwickelt haben, was natürlich in bezug auf wohnungsdesign inkl. möbeln ziemlich praktisch ist :). und nein, den hatten sie nicht von vornherein, weil meine mutter meinen vater anfangs als eigentlich etwas zu spießig fand ['der hörte klassische musik, kannte die beatles nicht und arbeitet bei der stadt! ;)'] und er sie als 'damals eher tussig' beschreibt ;)... wenn man es schafft, von so früh zusammenzubleiben, ist es in diesen dingen sicher einfacher.
madove - 23. Mai, 14:24

Als wir zusammengekommen sind, war ich 26 und er 33, und wir hatten beide schon viele Jahre allein gelebt und mehrere Beziehungen (aber keine Zusammenwohn-) hinter uns, und relativ klare Ideen, was wir wollen und was nicht.
Außerdem merkt man gerade in so Geschmacksdetails halt die unterschiedlichen Kulturen schon deutlich, auch wenn das bei den großen wichtigen weltanschaulichen Punkten erstaunlich gut paßt. (Was ich mir allerdings zB schwer vorstellen könnte, wäre gemeinsame Kindererziehung. Auch wenn die Ziele wohl ähnlich wären, sind da unsere Erfahrungen so völlig gegensätzlich und sehr emotional beladen... gut daß ich das eh nicht vorhab...)
romeomikezulu - 23. Mai, 09:05

Aahhhhh, noch Jemand in dieser Situation!!

Fein, ich bin doch nicht allein damit ! ;-)

Spätestens bei den Möbeln kommen unterschiedliche Charaktere und sogar Lebensauffassungen (!) wieder zum Vorschein. Sie stehen jeden Tag vor Einem da, an der gleichen Stelle, signalisieren jeden Morgen aufs Neue die Andersartigkeit des Anderen.
Wer es für lächerlich hält, dass Beziehungen "wegen der Möbel" auseinandergehen, hat nichts von Menschen verstanden ;-)

Die Idee mit dem "Jedem-sein-individuelles-Zimmer" halte ich für sehr überdenkenswert.
Jeder braucht doch ganz für sich "seinen Raum" - im wahrsten SInne des Wortes, oder?

madove - 23. Mai, 09:37

Eigenes Zimmer geht eher schlecht, s.o.

Wie Du sagst, das größere Problem ist nicht, daß ich die Möbel nicht so toll finde, die mich hier umgeben, sondern daß das für mich wirklich irgendwie Lebenseinstellung ausdrückt, und es halt schmerzhaft ist, zu merken, daß der andere doch verschiedener von einem selbst ist, als man (vor allem am Anfang) gedacht hat. Wenn der Rest stimmt, kann man damit umgehen, aber es bleibt ein bitterer Beigeschmack, find ich.
Prisca (Gast) - 23. Mai, 10:22

Möbel

Tja, das mit den Möbeln/der Einrichtung insgesamt - war mir auch oft ein Stachel , aber 1. hatte ich selten eine so dezidierte Vorstellung , 2. wenn doch, dann war es meist möglich sich durchzusetzen :-), 3. waren wir ja auch meistens mit Anderem beschäftigt bzw. unterwegs - da relativiert sich das Problem auch ein bisschen....

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Über mich

"Ma dove?" ist italienisch und heißt "Aber wo?".
Der "Name" ist eigentlich zufällig an mir hängenge-blieben, paßt aber bestechend:
Ich suche.
Den Sinn des Lebens, meinen Platz in der Welt, meinen eigenen Stil, und eigentlich ständig meinen Schlüsselbund. Bislang mit mäßigem Erfolg, aber unverdrossen.
Um herauszufinden, was ich denke, lese ich gerne hier nach. Dafür muß ich es aber erst schreiben.
Daher das blog.


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