Ratschläge sind auch Schläge

Gemeinsames Basteln für ein improvisiertes Geschenk, zusammen mit einem Freund. Ich verklebe Sachen mit Tesafim. Nach einer Weile gibt er mir einen Tipp, wie ich einfach verhindern kann, daß das Ende nach dem Abschneiden an der Rolle festklebt. Wirklich genial, einfach und praktisch (Vor dem Abschneiden das Klebeband relativ fest entgegen der Wickelrichtung ziehen, dann behält das Ende eine gewisse "Stehkraft". Klappt wirklich. Genial.)

Was ich aber ganz wunderbar (und hier schriftlich ganz schwer wiederzugeben) fand, war der Tonfall, in dem er sich hinterher dafür entschuldigt hat, mich zu belehren.
Das war nicht die übliche rhetorische Entschuldigung ("Tschuldige, aber jetzt muß ich Dir mal erklären, wie man das richtig macht"), sondern eine aufrichtige, die berücksichtigt,
- wie ÄRGERLICH es ist, wenn einem jemand besserwisserisch reinredet,
- und daß es unendlich viel befriedigender ist, etwas selber raus- oder hinzukriegen.
- daß ungebetene Ratschläge einen in eine bescheuerte Position des Kindes oder Schülers bringen, in die man als Erwachsener meines Erachtens nur dann gehört, wenn man sie selbst gewählt hat (oder wenn man gerade dabei ist, ungewollt groben, gefährlichen Unfug zu machen),

Er hat, denke ich, diese schwerwiegenden Nachteile abgewogen und ist zu dem Ergebnis gekommen, daß für mich der Nutzen in dieser Information überwiegt. Und ich denke, er hatte recht.

Für mich war das interessant, weil ich seit jeher allergisch auf ungebetene Belehrung, Ratschläge, Kritik und Bevormundung reagiere und nie genau festmachen konnte, wo das Problem ist, weil ich ja wirklich gerne etwas lernen und mich verbessern will.

Der Unterschied ist, ob ich das Gefühl habe, dieser Kommentar entspringt einem egoistischen Wunsch der Person (sich generell schlau vorzukommen (Erklären macht Spaß!), sich toller vorzukommen als ich, oder auch nur, nicht ertragen zu können, daß jemand anders eine Sache anders und vielleicht umständlicher macht als man selber).
Was gibt ihnen eigentlich das Recht, anzunehmen, ich hätte es nicht genau so machen wollen, wie ich es mache? Wie kommen sie auf die Idee, sie wüßten es besser und ich hätte nicht einfach nur eine andere Entscheidung getroffen? Wenn ich Hilfe, Tipps oder Informationen brauche, werde ich selbstbestimmt fragen!

Da ich weit davon entfernt bin, unfehlbar zu sein, und da es neue Informationen gibt, nach denen ich nicht mal zu fragen wüßte, weil ich von ihrer Existenz nichts ahne, wird ein mir wohl wollender Mensch sich natürlich trotzdem gelegentlich dafür entscheiden, mir eine solche Information zukommen zu lassen. Aber diese Abwägung "Erkenntnisgewinn vs. temporäres Absprechen der Mündigkeit", diese Schwere der Entscheidung, möchte ich eben eigentlich auch spüren, auch wenns nur ums Tesafilmabschneiden geht.
rebhuhn - 5. Jun, 17:18

kann ich mittlerweile wenigstens ansatzweise verstehen. vor meiner beziehung konnte ich das nicht, weil ich selbst ziemlich gern lerne und über alternativen bescheid weiß. insofern war ich immer der ansicht, daß jeder ^^ gern belehrt informiert wird und habe immer fleißig rausgehauen - weil ich es halt selbst auch gern von anderen höre, wie sie dinge machen. wenn das im tonfall des absoluten rechthabens geschieht, ist das natürlich auch bei mir etwas anderes..

ot: hattest du den 'über mich'-text da schon länger stehen? jedenfalls danke, ich wollte schon immer mal nach deinem namen fragen :) [und weiß jetzt dann auch, daß man's nicht mädouhf, sondern ma dåwe ausspricht ^^]. toller text übrigens.

madove - 5. Jun, 19:07

Es ist schon auch Geschmackssache...

Ich bin von beiden Eltern her Lehrerskind... Meine Eltern sind echt klasse, aber ich glaube, ich hatte irgendwann so mit ca. fünfeinhalb Jahren einfach genug lehhreiche, vernüftige, bildende Dinge für den Rest meines Lebens gehört. Ich habe zusätzlich auch eine erhebliche Neugier und Bildungshunger geerbt, dh ich frage sehr gerne und sehr viel. Aber das reicht dann auch.

Andersrum würde ich natürlich auch gerne belehren,aber es ist so, daß ICH mich dabei eben dem zu Belehrenden überlegen fühle(n würde), es deshalb für anmaßend & unanständig halte und nicht mache. Was mein Freund gelegentlich bedauert: Er hat das Fragen nicht so gelernt und aus Eigeninitiave kommt von mir halt nichts, weil ichs mir verkneife. Wie immer wäre wahrscheinlich ein Mittelweg das Angemessene...
rebhuhn - 5. Jun, 23:27

nochmal kurz zum tesa-problem:

ich klebe das immer einmal um, so 3mm. lasche. werde deine jetzige technik aber beim nächsten mal ausprobieren :).

madove - 6. Jun, 00:36

Ja, für die längere "Lagerung" ist das sinnvoll.
Hier ging es darum, daß ich etwa 20 Stücke hintereinander gebraucht habe, und es immer zwischendrin wieder angeklebt ist.
rebhuhn - 6. Jun, 02:23

io capito - cool!! danke für's antworten :).
madove - 6. Jun, 10:53

Da du ja schreibst, du lernst gerne was und wirst gerne informiert, spring ich mal über meinen Schatten *hops*, aber nur ganz leise: Es heißt "Ho capito." Also "ich habe verstanden" hieße wörtlich "io ho capito", aber der Italiener läßt Personalpronomen im Subjekt weg, wenn sie nicht aus irgendeinem Grund besonders nötig sind. Aber vielleicht war es ja auch nur ein Tippfehler. Entschuldige!
rebhuhn - 6. Jun, 13:21

neenee, die entschuldigung wird nicht angenommen :P - dankeschön! ich habe ja nie italienisch gelernt, die kusine meiner mutter lebt aber seit über 40 jahren auf sizilien mit ihrem sizilianischen mann, kinder und enkel sind vorhanden ;). insofern hab ich's immer nur gesprochen gehört und weiß, daß ich=io und habe mir dann das gehörte eben so wie oben zusammengereimt ;)... thx!

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Über mich

"Ma dove?" ist italienisch und heißt "Aber wo?".
Der "Name" ist eigentlich zufällig an mir hängenge-blieben, paßt aber bestechend:
Ich suche.
Den Sinn des Lebens, meinen Platz in der Welt, meinen eigenen Stil, und eigentlich ständig meinen Schlüsselbund. Bislang mit mäßigem Erfolg, aber unverdrossen.
Um herauszufinden, was ich denke, lese ich gerne hier nach. Dafür muß ich es aber erst schreiben.
Daher das blog.


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