Unnötig kompliziert
Ich habe heute für den Mann 50£ auf der Bank geholt, weil er bald nach GB muß und dort nicht ganz ohne passendes Bargeld ankommen will.
Man hat mir also das Geld ausgehändigt, ich habe es bezahlt (59€, ich hatte schlimmer erwartet), und dann mußte ich auf einer Quittung unterschreiben. Nachdem ich mein unleserliches Gekrakel hinterlassen hatte, mußte ich dann doch fragen:
madove, neugierig:
"Was nützt Ihnen eigentlch meine Unterschrift, wenn Sie gar nicht wissen, wer ich bin?"
Junge Bankangestellte, freundlich:
"Die Unterschrift dient nur dazu, sicherzustellen, daß ein Kunde das Geld erhalten hat und es nicht sonst irgendwo verschwunden ist, also z.B. ich (=die Bankangestellte) es genommen habe."
madove, iritiert:
"Ja, aber wenn Sie meinen Namen nicht wissen, kann die Bank ja auch die Richtigkeit der Unterschrift nicht kontrollieren. Da könnten Sie ja auch irgendein Gekrakel hinmalen?!"
Bankangestellte, nach kurzem Zögern, beschwichtigend:
"Deshalb verlangen wir bei größeren Summen ja auch, daß Sie sich ausweisen!"
An dieser Stelle hätte ich einfach wieder von vorne anfangen können, aber ich wollte der Frau ihr Leben nicht noch schwieriger machen, als es wahrscheinlich eh schon ist.
Gerade habe ich mir den Spaß gemacht, den
political compass auszufüllen (ich liiiebe Psychotests), mit folgendem Ergebis:
Nun überrascht mich nicht, daß ich sehr weit links angesiedelt bin (sie verstehen das als primär wirtschaftliche Skala), weil ich tatsächlich bei jeder Gelegenheit für die Interessen der jeweilig Schwächsten und Ärmsten gestimmt und für Umverteilung von oben nach unten und Sozialstaat und wasweißich, aber das heftige "
Libertarian" irritiert mich doch:
Das klingt zwar nett, aber ich glaube durchaus an eine große Menge fester Regeln, die von der Gemeinschaft und von einem (sinnvoll demokratisch kontrollierten) Staat durchgesetzt werden. Also an das klassische "Meine Freiheit hört auf, wo Deine anfängt", und das kann man meines Erachtens nicht komplett den Einzelnen überlassen, weil dann die Stärkeren (und vor allem: die Unmoralischeren) die anderen plattmachen.
Andererseits: Innerhalb dieser Freiheit dürfen in meiner Gesellschaft die Leute dann aber anziehen, essen, glauben und poppen, wie und was sie wollen, vielleicht bin ich deshalb so liberal geraten.
Komischer Test. Auch nicht besonders transparent in der Auswertung. Wahrscheinlich ist ihm einfach etwa die gleiche Bedeutung zuzumessen wie den Psychotests in der Bravo.
...zum Beispiel dieses (wunderschöne) Übergangszeitwetter:
Innerhalb einer Woche habe ich jetzt 5 Jacken, einen Schal und zwei Paar Schuhe in der Werkstatt akkumuliert, weil ich immer morgens dick eingemummelt hinradle, und spätnachmittags leichtbekleidet und ggf. barfuß zurück.
Morgen nehm ich einen großen Rucksack mit und transportiere alles wieder heim, und dann gehts von vorne los. Direkt jeden Abend dran zu denken scheint zu schwierig zu sein...?
Irgendwann schreib ich hier mal einen Sendung-mit-der-Maus-Artikel, der Steuern erklärt. Es ist total faszinierend, wieviele Leute, auch selbständige Geschäftsleute mit Abitur, das Prinzip von Umsatzsteuer und Einkommenssteuer offensichtlich überhaupt nicht verstehen. Ich gebe zu, ich habe auch drei Jahre gebraucht, um eine vage Idee zu bekommen, und ich finds ja auch kompliziert... aber das ist doch WICHTIG...!?
Oops.
Heute bin ich versehentlich eine Stunde zu früh nach Hause gegangen.
Das ist nicht soo tragisch; Donnerstag nachmittags ist eh für Kundschaft geschlossen. Aber ein bißchen schade, weil ich gern noch was fertig gemacht hätte. Ich war nur der festen Überzeugung, es sei jetzt sechs und der MannTM warte zuhause sehnsüchtig auf mich , eventuell sogar mit dem Abendessen. Stattdessen guckte er iritiert vom Computer auf, als ich um zwanzig nach fünf heimkam.
Das ist mir bis jetzt noch nie passiert...
Ganz allmählich zeichnen sich für die meisten unserer
praktischen Probleme Lösungen ab oder sind schon eingetroffen. Also zumindest lösen wir gerade mehr Probleme, als neue Sachen kaputtgehen.
Und ab nächster Woche ist auch die beruflich extrem heftige Phase für den Mann
TM vorbei. Der erste Ansturm von Kunden mit Entzugserscheinungen nach meinem Urlaub ist abgeflaut, und nach nur 8 Monaten täglichen Bettelns, Schimpfens und Drohens könnte in den nächsten zwei Wochen auch die Terrasse fertig werden.
Nach meiner momentanen gefühlten Planung werde ich dann, am besten mehrere Monate lang und alles gleichzeitig:
1) tagelang regungslos auf einem Liegestuhl liegen und "lesen" (*schnarch*)
2) sämtliche Schwimmbäder und Baggerseen der Umgebung unsicher machen
3) tolle Städtetouren machen
4) den armen Mann zu jedem Kulturereignis im Umkreis von 200 km schleppen
5) oder allein gehen (der Mann ist ziemlich schwer, wenn er bockig ist)
6) nicht zur
attac sommerakademie gehen, weil HH doch zu weit ist, aber vielleicht wenigstens zur
Anti-Atomkraftdemo in Stuttgart?
7) alle Freunde besuchen, die ich seit Jahren nicht gesehen habe, und mir ihre zigtausend neuen Kinder angucken, -- sofern die noch zuhause wohnen (einige Freunde hab ich schon SEHR lange nicht mehr gesehen).
8) mehrere Weltreisen machen
In Wirklichkeit werd ich einfach normal arbeiten und abends müde sein und am Wochenende die Steuer machen oder so.
Aber im Moment ist die Vorstellung, daß alle die ZUSÄTZLICHEN Würgereien aufhören und immer noch Sommer ist, einfach wunderschön.
Wenn ich grade sehr entspannt bin, viel Zeit habe, und auch noch eine gewisse Grundmotivation und gute Laune, dann leiste ich mir den Luxus, den Badezimmermülleimer mülltrennend zu leeren.
Das darf der MannTM nicht sehen, sonst erklärt er mich für geisteskrank.
Aber ich bin in genau der Zeit zur Schule gegangen und geprägt worden, als Tintenkiller und Einwegpatronen verboten waren und Mülltrennung die Rettung der Welt verprach. Und so gibt es mir einfach ein irrsinnig gutes Gefühl, eine Viertelstunde damit zu verbringen, die gebrauchten Papiertaschentücher und die Haarknäuel in den Biomüll, die Taschentuchpäckchentüten und Deoroller in die gelbe Tonne und eigentlich nur dreivier Ohrenstäbchen in den Restmüll zu tun.
Wenn ich so drüber nachdenke, hat der MannTM wohl recht...
Gemeinsames Basteln für ein improvisiertes Geschenk, zusammen mit einem Freund. Ich verklebe Sachen mit Tesafim. Nach einer Weile gibt er mir einen Tipp, wie ich einfach verhindern kann, daß das Ende nach dem Abschneiden an der Rolle festklebt. Wirklich genial, einfach und praktisch (Vor dem Abschneiden das Klebeband relativ fest entgegen der Wickelrichtung ziehen, dann behält das Ende eine gewisse "Stehkraft". Klappt wirklich. Genial.)
Was ich aber ganz wunderbar (und hier schriftlich ganz schwer wiederzugeben) fand, war der Tonfall, in dem er sich hinterher dafür entschuldigt hat, mich zu belehren.
Das war nicht die übliche rhetorische Entschuldigung ("Tschuldige, aber jetzt muß ich Dir mal erklären, wie man das richtig macht"), sondern eine aufrichtige, die berücksichtigt,
- wie ÄRGERLICH es ist, wenn einem jemand besserwisserisch reinredet,
- und daß es unendlich viel befriedigender ist, etwas selber raus- oder hinzukriegen.
- daß ungebetene Ratschläge einen in eine bescheuerte Position des Kindes oder Schülers bringen, in die man als Erwachsener meines Erachtens nur dann gehört, wenn man sie selbst gewählt hat (oder wenn man gerade dabei ist, ungewollt groben, gefährlichen Unfug zu machen),
Er hat, denke ich, diese schwerwiegenden Nachteile abgewogen und ist zu dem Ergebnis gekommen, daß für mich der Nutzen in dieser Information überwiegt. Und ich denke, er hatte recht.
Für mich war das interessant, weil ich seit jeher allergisch auf ungebetene Belehrung, Ratschläge, Kritik und Bevormundung reagiere und nie genau festmachen konnte, wo das Problem ist, weil ich ja wirklich gerne etwas lernen und mich verbessern will.
Der Unterschied ist, ob ich das Gefühl habe, dieser Kommentar entspringt einem egoistischen Wunsch der Person (sich generell schlau vorzukommen (Erklären macht Spaß!), sich toller vorzukommen als ich, oder auch nur, nicht ertragen zu können, daß jemand anders eine Sache anders und vielleicht umständlicher macht als man selber).
Was gibt ihnen eigentlich das Recht, anzunehmen, ich hätte es nicht genau so machen wollen, wie ich es mache? Wie kommen sie auf die Idee, sie wüßten es besser und ich hätte nicht einfach nur eine andere Entscheidung getroffen? Wenn ich Hilfe, Tipps oder Informationen brauche, werde ich selbstbestimmt fragen!
Da ich weit davon entfernt bin, unfehlbar zu sein, und da es neue Informationen gibt, nach denen ich nicht mal zu fragen wüßte, weil ich von ihrer Existenz nichts ahne, wird ein mir wohl wollender Mensch sich natürlich trotzdem gelegentlich dafür entscheiden, mir eine solche Information zukommen zu lassen. Aber diese Abwägung "Erkenntnisgewinn vs. temporäres Absprechen der Mündigkeit", diese Schwere der Entscheidung, möchte ich eben eigentlich auch spüren, auch wenns nur ums Tesafilmabschneiden geht.
Heute war kein guter Tag für meine Versuche, mich irgendwie fortzubewegen.
Erstmal hab ich mich heute morgen fast vor ein Auto geworfen, weil ich im Halbschlaf gesehen habe, daß irgendetwas grün wird und entschlossen losgefahren bin - leider war das Grüne die Ampel der meinen Radweg
kreuzenden Straße. Scharf gebremst und zurückgeflohen, entschuldigende Gesten gegenüber dem Lieferwagenfahrer gemacht, der (dankenswerterweise) auch scharf gebremst hat und sicher auch erschrocken ist, trotzdem hätte er mir nicht "Scheiß Hippie" hinterherrufen müssen...
Dann hat heute abend tatsächlich
eine todesmutige Ratte un toporagno ein Yorkshireterrier versucht, sich, während ich vorbeiradelte, an meinem Schuh festzubeißen - jedenfalls fühlte es sich so an und jetzt sind da (leichte) Zahn- und Sabberspuren. Ich bin zu Tode erschrocken und hatte bescheuerterweise vor allem Angst, ihm wehzutun.
Und zuletzt wollte ich was abgeben, für das allerberühmteste und teuerste Hotel in dieser Stadt. Die sind schon lange Kunde bei mir, aber normalerweise werden die Sachen von netten jungen Menschen in komischen Uniformen gebracht oder geholt. Das Hotel ist ein absoluter Referenzpunkt dieser Kleinstadt.
Leider fiel mir unterwegs auf, daß ich
nicht weiß, wo es ist .
Also ich hatte nur eine vage Ahnung und dachte, es ist so riesig, es ist sicher nicht zu verfehlen. Irgendwie war es da auch, aber nicht der Haupteingang, ich bin also durch irgendwelche Hotelgärten geirrt, bis mich ein netter Page aufgesammelt hat, dem ich mein Päckchen geben konnte.
Nett ist, daß es
so teuer ist, daß man sich dort schon nicht mehr snobistisch gibt, sondern so gut erzogen ist, daß mir bisher von jedem Teil des Personals extrem glaubwürdig vorgetragen der Eindruck vermittelt wurde, sein oder ihr Tag sei erst durch die Begegnung mit
mir so richtig schön geworden. Und das, obwohl ich ja aussehe wie ein "Scheiß Hippie". Die können das.
In unerbittlicher Regelmäßigkeit akkumulieren sich schreckliche Dinge, wenn ich ein paar Wochen entspannt und gutgelaunt bin.
Inzwischen erkenne ich die Vorboten relativ früh, an aufsteigender Panik, an der Erkenntnis, wieviele Dinge alle gleichzeitig UNBEDINGT vor Ende nächster Woche erledigt werden müssen, an die ich seit Wochen überhaupt nicht gedacht habe, und an einem physischen Schwächegefühl, das mich zwingen will, im Bett zu bleiben und mir die Decke über die Ohren zu ziehen.
Dieses Mal werd ich eine neue Taktik ausprobieren, und nicht den Kopf einziehen, bis dann alles unumgänglich UND irre dringend ist, sondern jetzt "schon" anfangen, von der heranrollenden Welle an Deadlines etwas abzutragen. So habe ich heute "schon" eine Geburtstagskarte beantwortet und das Steuererklärungsprogramm installiert. Dann ruf ich gleich noch den Elektriker an und vielleicht sogar noch den Klempner.
Dann ist aber mal wieder gut.