Dienstag, 19. Juni 2012

Gemischter Kleinkram

Ich hasse Fußball. Also nicht als Ledergegenstand, oder als Spiel, sondern als kulturelles Phänomen.
Ich habe etwa ein halbes Jahr gebraucht, um mich dazu durchzuringen, aber ich habe endlich einen Zettel an meine Werkstatt gehängt:
"Liebe Interessenten, wegen chronischer Überlastung kann ich leider in den nächsten Monaten außer Stammkundenaufträgen keine Arbeiten mehr annehmen.
Ich bitte um Verständnis. "


Mein Leben ist dadurch deutlich schöner geworden. Ich konnte einfach nicht mehr warten, bis ich Neinsagen lerne, jedem Einzelnen ins Gesicht.

Außerdem kann ich jetzt Menschen in vier Gruppen einteilen:
Gruppe 1: liest das Schild, versteht, was ich sagen will und läßt mich in Ruhe. <3.
Gruppe 2: stürmt ganz aufgewühlt rein und erklärt mir, daß ich das sofort runternehmen soll und gefälligst froh sein und expandieren und mehr Geld verdienen und der Tisch muß auch woanders hin.
Gruppe 3: grinst süffisant und murmelt irgendwas von "Haha, wie schön, läuft gut, ja? (geldscheinzählende Handbewegung) Aber man muß sich ja auch mal ein bißchen auf die faule Haut legen, haha. (cocktailhaltende Handbewegung)."
Gruppe 4: drückt mir ihr Verständnis aus, für die heftige Zeit, die ich hinter mir haben muß, bis ich mich dazu durchgerungen habe, und beglückwünscht mich zu meinem Mut.

Ich versuche, nicht voreilig über 2 und 3 zu urteilen. Aber ich weiß einfach nicht, was ich mit Menschen von diesen Planeten reden soll. Muß ich aber auch nicht, das sind normalerweise auch die Leute, die lieber selber reden.
Merke:
Diskutiere Finanzierungsmodelle für Bedingungsloses Grundeinkommen nur mit Menschen, die eine vage Vorstellung von unserem Steuersystem haben.
Guter Test: Sage "Einkommenssteuerprogression" und beobachte ihren Gesichtsausdruck. Wenn sie mit irgendwas Proportionalem antworten, brich das Gespräch ab. Sogar wenn sie gerade in Wirtschaftswissenschaften promovieren. Oder gerade dann.
Ich bin wirklich total sherlocked. Was soll das denn? So allmählich würd ich mich gerne wieder einkriegen. Der Plan:
1) Ich setze mich auf BBC-Sherlock-Entzug (Nicht nochmal angucken. Keine Podcasts, Interviews, kein Slash, kein "Ich lad das mal runter, da spielt irgendwo Martin Freeman mit").
2) Ersatzdroge (Vorschlag von dem Mann, den es auch ein bißchen erwischt hat): Wir schauen zusammen nochmal kurz die 41 Folgen der Jeremy-Brett-Serie. Dann bin ich zwar wieder voll auf J.Brett, aber der ist wenigstens tot, und es gibt nicht besonders viel Material auf youtube, und wenn, trägt er entsetzliche Turnschuhe.
3) Danach totaler Entzug, bei schlimmen Symptomen darf Conan Doyle in der Stadtbibliothek ausgeliehen werden.
Damit sollte ich es schaffen, mich wie ein erwachsener Mensch zu verhalten, bis in anderthalb Jahren die dritte Staffel BBC rauskommt.
Hatte ich schon erwähnt, daß ich Fußball hasse?

Montag, 18. Juni 2012

*taschentuchschwenk*

Meine Schwester fliegt für ein Vierteljahr nach Asien.
Nur bewaffnet mit ihrem Freund und einem Rucksack.

Ich bin überrascht davon, wie sehr ich sie beneide (ich hatte eigentlich nie große Lust zu reisen und Abenteuer dieser Art zu erleben. Und die letzten Jahre bin ich viel zu platt. Aber ich hätte jetzt gerne welche hinter mir. Irgendwie so als Erinnerungen.).

Vor allem aber bin ich überrascht, wie sehr ich sie vermisse. Ich meine - jetzt schon?! Sie sitzt gerade mal im Flugzeug?!
Als sie von zuhause nach Marburg, von Marburg nach Aarhus gezogen ist, das hat sich ganz anders angefühlt, eigentlich unverändert, immer mit dem Gefühl, daß sich ein Besuch auch für ein Wochenende lohnen würde, und vor allem mit Telefon und Skype.

Hmpf.
Ich war immer stolz drauf, niemanden zu brauchen, niemanden zu vermissen, eigentlich nicht mal wirklich jemanden so zu mögen, wie das andere Leute machen, so mit regelmäßigem Kontakt. Eigentlich mehr so ein Fernmöger.
Und dann hatte ich vor ein paar Jahren diese coole Idee, ich entdecke meine Gefühle und so.
Und jetzt sitz ich hier und schaue schniefend auf mein Handy.

Toll.

Caring is not an advantage, Sherlock.

Mittwoch, 13. Juni 2012

Liebe Bauarbeiter,

...es liegt ein Mißverständnis vor.

Wenn ich an Eurem Arbeitsplatz vorbeiradele, langsamer fahre und zu Euch rübergucke, dann meine ich das nicht als Aufforderung, zusätzlich zu den seltsamen Handbewegungen und Geräuschen, die Eure Arbeit erfordert und hervorruft, auch noch andere, noch seltsamere Geräusche und Handbewegungen zu machen, mit denen Ihr Eure Paarungsbereitschaft ausdrücken möchtet.

Ich bin nicht mehr jung und doof genug, um generell jede Art von männlicher Aufmerksamkeit als ein unglaublich wunderbares, ganz persönlich mich als Mensch hervorhebendes Kompliment zu werten, und noch nicht alt genug, um so desperat zu sein, daß ich froh bin, wenn mich überhaupt einer anguckt. (Ich glaube auch nicht, daß ich jemals in so ein Alter komme, dafür hab ich genug andere Interessen, aber wer weiß).
Eigentlich habe ich es eher als einen Vorteil am Älter- (und klopsiger )Werden empfunden, daß die Wahrscheinlichkeit höher wird, daß sich mir interessiert zuwendende Männer tatsächlich irgendwie so generell an mir als Person interessiert sind, was meine körperlichen Geschlechtsmerkmale zwar durchaus einschließen kann, aber eben nicht muß, und nicht nur, und so... egal. Was ich sagen wollte:

Wenn ich also beim Vorbeiradeln langsamer werde und rübergucke, dann liegt das ausschließlich daran, daß ich mich für Eure Maschinen interessiere. Denkt an einen kleinen
Jungen, das bringt Euch vielleicht eher auf die richtige Schiene: Ich schaue einfach gerne, wie das alles gemacht wird, so Sendung-mit-der-Maus-mäßig; und ich könnte stundenlang mit halboffenem Mund Bagger und Kräne und Zementmischer und Presslufthämmer in Aktion beobachten, einfach wegen der Faszination von Technik. Und groß. Und bewegt sich. Und brumm.

Ich bleib aber gar nicht sabbernd stehen, denn ich bin ja erwachsen (*prust*) und muß zur Arbeit, aber diesen einen Blick könntet Ihr mir doch gelegentlich gönnen, ohne Euch komplett zum Affen zu machen, ja?

Donnerstag, 7. Juni 2012

Ich bin so stolz auf ihn.

Mein Herzallerliebster hat gekündigt, tatsächlich.

Also genauer gesagt hat er seinen Chef aufs polemischste beleidigt, indem er eine email mit Tatsachen geschrieben hat (das soll man aber auch nicht machen, pfui!), und daraufhin wurde ihm, wie er gehofft hatte, die Kündigung nahegelegt. Letztes Mal hatte man noch mit allen Mitteln versucht, ihn zu halten, und er ist durchaus Sklave seines Pflichtgefühls. Bis zu einer gewissen Grenze, und die war jetzt erreicht.

Ich sehe ein, daß das, obwohl er so lange Anlauf genommen, Kraft dafür gesammelt und sich auch danach gesehnt hat, jetzt kein Grund zum Feiern ist, sondern primär eine schmerzliche Niederlage. Ein endgültiges Scheitern an der selbstgestellten Aufgabe, in einem dysfunktionalen Umfeld, dessen Herangehensweise an die Arbeit im allerbesten Falle Gleichgültigkeit war, unter einer auf allen Ebenen korrupten Hierarchie irgendwie etwas rauszureißen, halbwegs seine Aufgabe zu erfüllen, halbwegs diese Dienstleistung zu erbringen.
Es ist ziemlich übel, einsehen zu müssen, daß das wirklich nicht möglich war, insbesondere für jemanden, den ich schon oft habe Berge versetzen sehen.
Es tut glaubich auch ziemlich weh, den allerletzen Glauben in die betreffende Struktur zu verlieren.

Und gerade deshalb finde ich es eine unglaubliche Leistung, sich einzugestehen, daß da nichts zu retten ist und daß es keine Heldentat ist, mit dem sinkenden Schiff unterzugehen. Nachgeben, Aufgeben gehört normalerweise nicht so zu seinen Stärken, und er hat wirklich lange gekämpft, alles probiert, immer wieder Hoffnung und Optimismus aus irgendwelchen Nischen gekramt und nochmal allem eine Chance gegeben, aber die Windmühlen waren stärker.

Der Plan ist jetzt nicht, sofort irgendwas anderes zu suchen. Unter einem Vorgesetzten will er nie wieder arbeiten; guter Plan, er hat schon zuviele verschlissen. Was ihm sonst wichtig ist, wird ein bißchen Zeit brauchen, ans Licht zu kommen, und ich finde, er soll sie sich nehmen.
Alle Zeit der Welt.
Er hat sein Leben lang immer für irgendjemanden geackert, und immer mit vollem Einsatz - ich hoffe echt, er ist noch jung genug, um das Muster aufbrechen und die Freiheit jetzt genießen zu können.

Er ist leider jemand mit einem ziemlich starken materiellen Sicherheitsbedürfnis, und obwohl er noch ein bißchen Mieteinkommen hat, fühle ich die seltsame Verantwortung, jetzt die Alleinverdienerin zu sein, durchaus sehr deutlich - halb als Belastung, halb als Herausforderung.
Für meine Arbeit sinnvoll Geld zu nehmen, ist mir immer schwergefallen, aber nur, weil ich wenig brauchte. Ich funktioniere auf vielen Ebenen seltsam utilitaristisch: Wenn ich das Gefühl habe, jemand anderen (zB den Kunden) macht das Geld grade glücklicher als mich (und das gilt fast immer), dann scheint es mir bei ihm besser aufgehoben.
Jetzt werd ich ein bißchen mehr davon brauchen, also werd ich es mir auch einfordern können. Darauf freue ich mich eigentlich fast.

Vor allem aber freue ich mich darauf, das wichtigste Feature an meinem Mann, das, was damals kaufentscheidend für mich war, wieder öfter genießen zu können - die krassen, tiefgehenden Gespräche und Diskussionen über alles mögliche, mit seinen Standpunkten zu Gott und der Welt, die von meinen normalerweise grade weit genug weg sind, um den Kontakt nicht zu verlieren, aber die Fetzen fliegen zu lassen - und sein völlig ungeschönter Blick auf mich, der ihn für mich immer herausgehoben hat aus der Menge der Männer, mit denen ich zu tun hatte (und der mich in zahlreiche Vorhöllen der Verzweiflung getrieben hat, die sich aber alle langfristig als extrem nützlich erwiesen haben)
Das alles ist aber eine Kraft- und Nervenfrage, und man merkt jetzt schon, wo die Kündigung durch ist, und obwohl die letzten Tage noch Spießrutenlaufen sind, daß die allgegenwärtige Gereiztheit und Nervosität abnimmt: da schimmert schon wieder überall mein Mann durch!

Ich freu mich auf ihn.
Er hat mir schon verdammt gefehlt, die letzten Jahre.
<3

Samstag, 2. Juni 2012

Ich mein ja nur...

Für den Fall, dass der Staat, wo ich arbeite, einem zweiten Staat, wo andere Leute arbeiten, den Krieg erklärt, erkläre ich diesen Leuten heute schon den Frieden.


Diesen Aufkleber hatte ich jahrelang an meiner Zimmertür kleben; ich hab der Aussage eigentlich immer noch nichts hinzuzufügen.

Irgendein seltsames Bauchgefühl sagt mir angesichts der Nachrichtenlage, daß er jetzt mal tatsächlich nützlich wäre, an unserer Wohnungstür, gegenüber von der Wohnungstür unseres syrischen Mieters...
Für den Fall, dass der Staat, wo ich arbeite, einem zweiten Staat, wo andere Leute arbeiten, den Krieg erklärt, erkläre ich diesen Leuten heute schon den Frieden.

Donnerstag, 31. Mai 2012

Wir sind alle Individuen!

Meinem Gefühl nach war das so ein ganz spontaner Impuls von "Hach, erzähl halt mal wieder irgendwas Abgefahrenes über Dich, dafür hast Du doch das Blog", der mich dazu gebracht hat, die Sache mit der Slash Fiction zu erwähnen. Ich lese sowas seit vielenvielen Jahren, phasenweise, und habe noch nie mit irgendjemandem darüber gesprochen, und dachte jetzt, so ganz spontan und unabhängig und einer individuellen Laune folgend, ich schreibs mal ganz mutig und guck was passiert.

Und stelle überrascht und leicht enttäuscht fest, mit beiden Füßen fest auf dem Boden des mainstream zu stehen: Heute trägt mir mein podcatcher automatisch die neueste Folge Chaosradio auf meinen Player, und worum geht es?
Fanfiction und Slash.
Es muß irgendwas mit Sherlock zu tun haben, der John/Sherlock(oder auch liebevoll "johnlock")-Fiction geradezu provoziert, und mit dem offenen, fast ermutigenden Umgang der betroffenen Schauspieler mit dem Phänomen (meines Erachtens zumindest wirtschaftlich eine absolute Gewinnstrategie), daß das Thema jetzt plötzlich salonfähig ist.

Also, diese Chaosradio-Folge brachte mir Erkenntnis Nummer eins: Ich bin Teil der Herde. Viel mehr, als ich dachte. Ob ich will oder nicht. Und ich will nicht. Aber Zufall ist eine extrem weit hergeholte Ausrede.

Zweitens aber hat die Sendung mich komplett vom Hocker gehauen, weil die anwesende "Expertin" für Slash überhaupt nicht ernsthaft zu Wort kam, weil die Sendung komplett überrannt wurde von erwachsenen, männlichen Anrufern, die mit Rührung in der Stimme berichtet haben, wie die Zeichentrickserie "My little Pony" und die dazugehörige Fangemeinde ihr Leben verändert hat. Wie sie dadurch gelernt haben, sich selbst und andere zu lieben und das Leben positiv zu sehen. Echt.
Wtf??? Ich bin immer noch nicht sicher, ob das ein Fake ist?!
Im Vergleich dazu sind die schmachtenden Slashfictionmädchen rational und sachlich...?!

Ich meine, schon klar, ich kenne das Mem mit den Ponies. Ich persönlich verzeihe den blöden Viechern nicht, daß alle Mädchen in meiner Klasse diese Plastikdinger mit den kämmbaren Mähnen hatten und ich nicht, auch wenn ich eh keins gewollt hätte, jawoll.
Aber ich dachte immer, die Begeisterung der männlichen Geeks Anfang 30 wäre natürlich eine ironische, und es wäre Kult in seiner Trashigkeit, aber diese Sendung hat mir ein ganz anderes Bild vermittelt. Wenn ich sie richtig verstehe, schreiben sie getreu Regel 34 auch erotische Fiction dazu, und schon bei dem Versuch, mir das vorzustellen, passieren komische Sachen mit meinem Gehirn, aber diese Erweckungserlebnisse gruseln mich noch mehr.
Ich meine, ich dachte immer, wenn ich mal groß bin, werd ich Geek in Berlin oder so. Das scheint mir jetzt deutlich weniger reizvoll.

Ich bin besorgt.

Mittwoch, 30. Mai 2012

Erkenntnis des Tages:

Ich darf.

Aber ich muß nicht.

Aber ich darf.

Jetzt mal so ganz allgemein.

Dazugekommen

Huch, eigentlich gibt...
Huch, eigentlich gibt es das Blog doch schon gar nicht...
madove - 27. Jun, 16:07
Ein Lebenszeichen! Wie...
Ein Lebenszeichen! Wie schön!
Conradin - 25. Jun, 21:58
Hach, Gesprächsfetzen....
Hach, Gesprächsfetzen. <3 Mein Radio.
rebekka (Gast) - 2. Sep, 20:43
Echt?
Mal testen. Hm.
David (Gast) - 27. Mai, 17:24
yeeeeey
ich bin gerade so strahlefroh!! geil, dass das ein...
tonja (Gast) - 8. Mär, 15:46
Das ist ja schon witzig......
Das ist ja schon witzig... Du hast wirklich sehr sehr...
madove - 19. Jan, 22:00

Über mich

"Ma dove?" ist italienisch und heißt "Aber wo?".
Der "Name" ist eigentlich zufällig an mir hängenge-blieben, paßt aber bestechend:
Ich suche.
Den Sinn des Lebens, meinen Platz in der Welt, meinen eigenen Stil, und eigentlich ständig meinen Schlüsselbund. Bislang mit mäßigem Erfolg, aber unverdrossen.
Um herauszufinden, was ich denke, lese ich gerne hier nach. Dafür muß ich es aber erst schreiben.
Daher das blog.


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Zuletzt aktualisiert: 27. Jun, 16:07

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